August Friedrich Ose 1762-1828 Karl Wilhelm Ose 1798-1880 Kontakt
Ambrosius Bethmann Bernhardi (1756- 18o1) Hildegard Bernhardi 1886-1947
Wandertour Hans Ose 1930 Urlaubsreise Spindlermühle Dokumente
Familienbilder

Johann Karl Wilhlem Ose

1798 - 1880


Carl Oswald Ose 1838 -1908


Thekla Marie Ose geb. Arnold 1849 -1924

Thekla Marie Ose mit Sohn Georg Ose


Schüler Georg Ose 1878 -1922

Hildegard Bernhardi 1886 - 1947


Hildegard und Georg Ose

Anna Elisabeth Bernhardi gest. 1932

"Großmutter Grimma"


Karl Ose 1908-2001

Sohn von Hildegard und Georg Ose


Fritz Ose 1909 - 1942

Sohn von Hildegard und Georg Ose


Maria (geb. Lorenz) und Fritz Ose


Hans Edmund Ose 1912 - 2013 (1936)

Sohn von Hildegard und Georg Ose


Margot (geb. Otto) und Hans Ose

Hochzeit 1942


Hedwig (geb. Hillig) und Alfred Ose (Bruder von Georg Ose)


Gertrud Ose 1907 - 1996

Tochter von Alfred Ose

Chronik der Familie Ose
www.familie-ose.de

Das sächsische Landstädtchen Bad Lausick und seine Verbundenheit mit der Familie Ose.

Teile des Stammbaums in bildlicher Darstellung

Carl Oswald Ose kam am 1. August 1832 in Wurzen/Sachsen in einem Hause an der Liegenbank gegenüber dem Rathaus zur Welt.

Seine Eltern waren der damalige Schwadrons-Arzt Johann Karl Wilhelm Ose (1798-1880 Brief zum Ableben) und dessen Ehefrau Emilie Auguste geb. Voigt (1810-1848). Seine Großeltern August Friedrich Ose (1762-1825), Leutnant im kurfürstlich-sächsischen Infanterie-Regiment Prinz Xaver und dessen Ehefrau Maria Christina geb. Schultze (1763-1818) sowie seine Urgroßeltern väterlicherseits der Musketier Heinrich Christoph Ose (1727-1791) aus Sondershausen und seine Ehefrau Maria Christine geb. Große (ca.1726 - 1800).

Oswald war das zweite Kind eines Kreises von 13 Geschwistern. Seine Mutter starb kurz nach der Geburt ihres 13. Kindes Emma im Dezember 1848 in Liebschwitz bei Gera, wohin die Familie Ose im Jahre 1847 von Dresden nun übersiedelte.
Er besuchte zunächst die Garnison-Schule zu Dresden - sein Vater war dorthin versetzt worden und wirkte daselbst bis 1842 als Schwadrons-Arzt bei den Gardereitern - und anschließend das dortige Privatinstitut des Herr Direktor Kaden.

Nach deren Konfirmation, die vermutlich noch in Dresden erfolgte, bereitete sich Carl Oswald von Michaelis 1847 bis Michaelis 1854 auf dem Gymnasium zu Gera - in dessen Nähe ja Liebschwitz lag - auf das Studium der Medizin vor, wie er selbst im Lebenslauf seiner Dr.-Dissertation schreibt.
Der damals schon 22 jährige bezog Michaelis 1854 die Universität Leipzig und ließ sich als Student der Naturwissenschaften immatrikulieren, wozu man anscheinend das Reifezeugnis nicht brauchte.
Als er jedoch Ostern 1855 am Nikolai-Gymnasium zu Leipzig das Reifezeugnis erlangt hatte (wir wissen nicht, warum er eigentlich nicht in Gera schon dieses erlangte. Ob vielleicht - es war ja noch vor der Gründung des Deutschen Reiches - das Reifezeugnis aus Gera im Königreich Sachsen nicht anerkannt worden wäre?), erfolgte die Einschreibung als Medizinstudent.
Im ersten Semester (Wintersemester 1854/55) nimmt er, wie wir aus einem erhaltenen Verzeichnis der von ihm zwischen 1854 und 1861 belegten Vorlesungen und Übungen wissen, auch an einem lateinischen Disputatorium teil, welches der damalige Rektor von St. Nikolai, ein Dr. Nobbe liest, und im Sommersemester 1855 hört er "Die Erklärungen der Epoden des Horaz" bei dem gleichem Dozenten. Auch noch weitere Vorlesungen belegt er, die ausserhalb des Medizinstudium liegen, so eine über Logik, über die Geschichte des Physik und über anorganische Salze.

Nachdem er das Examen pro Baccalaureat, das geburtshilfliche Examen, sowie alle anderen vorgeschriebenen Examen bestanden hatte, bestand er schließlich am 4. Juli 1863 das Examen Rigerosum. Oswald Ose war schon ein "altes Semester" mit seinen 31 Jahren und 16 Medizin Semestern. Wir wissen nicht, welches die Ursache für das lange Studium war.
Der kleine Geldbeutel des Vaters sowie das Angewiesensein auf Gönner, von denen Oswald besonders Professor Sonnenkalb von der Universität Leipzig und Diakonus Schlick sowie Kaufmann Luboldt aus Gera erwähnt, hatten eher zu einem schnellen Studienabschluss gedrängt. Vielleicht war Oswald auch während seines Studiums schon als Assistent tätig, um sich Geld zu verdienen oder sich wenigstens den Lebensunterhalt zu beschaffen.

Es steht fest, dass er jedenfalls nach Abschluss seines Studiums zunächst in Leipzig als Praktikant und Assistent, vermutlich an der Universität tätig war und auch lange Zeit die Absicht hatte, sich in einer Großstadt niederzulassen.
Auch seine Doktor-Dissertation über Zyankali-Vergiftungen bereitet er vor und verteidigte sie am 21. Dezember 1864 öffentlich mit Erfolg.
In Leipzig bewohnte Carl Oswald eine kleine Wohnung oder wenigstens einige Zimmer. Bei ihm lebte später auch sein Bruder Julius, der zunächst die Nikolaischule besuchte und später auch in Leipzig studierte.

Ein Brief aus der Osterzeit 1866 aus Aken/Elbe an Oswald von seiner damaligen Braut und späteren ersten Frau Luise Polster gibt uns einen kleinen Einblick in die "Probleme" der beiden Verlobten.
Luise schreibt: "Wenn nichts dazwischen kommt, werde ich am Mittwoch (vor Ostern) früh in Aken weggehen oder mit der Post fahren. Ich gedenke dann Mittags in Leipzig einzutreffen. Bitte benachrichtige Fränzchen rechtzeitig und bitte für mich ein Nachtlager bei ihr aus. Am Mittwoch Nachmittag wollen wir dann bei Dir anfangen einzupacken. Eine Stube für Julius hast Du hoffentlich schon gefunden. Ich möchte nun gern vor der Hochzeit (Anm. Diese fand kurz nach Ostern am 15.4.1866 in Aken statt) einmal unseren künftigen Wohnort sehen und dachte, wir könnten, wenn ich in Leipzig bin, zusammen einmal nach Lausick fahren. Mit der Post ist es ziemlich teuer und auch sehr unangenehm, weil wir dann eine Nacht in Lausigk bleiben müssten. Das wollte ich nicht. Ich bitte Dich daher, erkundige Dich einmal, was ein Einspänner kostet. Denn wenn wir früh um 6 Uhr in Leipzig wegfahren, sind wir um 10 Uhr in Lausigk, können uns dann ein Logis ansehen und einige Stunden aufhalten und noch am selben Abend bei guter Zeit wieder in Leipzig sein. Es soll auf Dich ankommen, ob wir Donnerstag oder Karfreitag diese Reise unternehmen. Noch immer habe ich grosse Sorge, ob wir auch in Lausigk eine Wohnung so augenblicklich finden werden. Könntest Du nicht vorläufig den Herrn Dr. daselbst schreiben? In Dessau (Anm. Dort leben Luises Angehörige) haben sie sich gefreut, dass Du nun endlich entschlossen bist, nach einer kleinen Stadt zu gehen. Gefällt es uns nicht, nun, so können wir auch noch einmal woandershin gehen. Für heute genug, mündlich mehr, grüsse Fränzchen vielmals. Herzlich grüsst und küsst Dich Deine Dich innige liebende Louise, die jetzt Deiner Aussage nach rappelköpfig ist."
Soweit der Brief der glücklichen Braut. Die nach dem frühen Tod ihrer Eltern wieder einem lebenswerten Leben an der Seite eines geliebten Mannes entgegensehen kann. Louises Wiege stand in Dessau, wo sie am 30.12.1839 das Licht der Welt erblickte.
Schon am 23. April 1866, also nur wenige Tage nach der Hochzeit, ließ sich Oswald als praktischer Arzt, in dem kleinen, etwa 3000 Einwohner zählenden Landstädtchen Lausigk nieder, wo es ihm vergönnt sein sollte fast 40 Jahre segensreich zu wirken.
Das junge Eheglück wurde vertieft durch die Geburt eines Jungen am 10. Februar 1867, des kleinen Alfred, den Eltern aber am 6. Oktober des gleichen Jahres wieder genommen wird. Die junge Mutter siecht dahin, trotz aller Fürsorge und ärztlicher Kunst. Scheinbar an den Folgen der Geburt und wird schließlich am 30. Mai 1868 von ihren Leiden erlöst.
Nur 2 Jahre währte das junge Glück. Louise war eine schöne Frau, fröhlich und vergnügt, mit einem tiefen Gemüt und voller Herzlichkeit. Sehr geliebt von ihren Mann, der nach ihren Tod ganz gebrochen und lebensmüde war. "Ihr Schmerz ist ganz gerecht; des ist gewiss wahr. Aber ich flehe sie an, geben Sie sich demselben nicht ganz hin! Bedenken Sie dass es von Gott kommt! Er hatte sie (nämlich Louise) lieber und darum hat er sie zu sich genommen. Sie sagen ja selbst, dass sie zu gut war für diese Welt. Wenn ich an ihre liebliche Erscheinung denke, so kann ich ihren Schmerz gut ermessen. Sie war so innig, so ganz von Liebe durchdrungen und wer sie kannte, muss sie lieb gehabt haben". Dieses schrieb dem jungen Witwer unter dem 28.5.1868 "Ihre alte Freundin Lattermann" aus Leipzig.

Auch sein Kollege und Freund Dr. Kind aus Grimma schreibt ihm einen besonders teilnehmenden Brief, wie bitter es für einen Arzt sein muss, dem nächsten Angehörigen keine Hilfe mehr geben zu können. Durch verstärkte Hingabe an seine Praxis und seine Patienten möge er versuchen, über die schwere Zeit hinwegzukommen.

Auf dem Lausigker Friedhof wird Louise begraben, neben ihr ruht ihr Kind Alfred. Ein breiter Efeu bewachsener Hügel bedeckte einst beide Gräber. Im gleichen Grab wurde dann fast 60 Jahre später Oswalds 2. Frau beigesetzt. Links davon Oswald selbst und rechts davon der Sohn seiner Schwiegertochter Hildegard Bernhardi, Wilhelm, welcher mit 3 1/2 Jahren 1918 starb. Auch das Grab von seinem Sohn Georg, Ehemann von Hildegard, welcher durch einen Autounfall ums Leben kam, ist in unmittelbarer Nähe. Das Grab Luises hat übrigens unseres Wissens nie einen Grabstein erhalten.

Nach Luises Tod führte Oswald dessen jüngste Schwester Emma Ose (1848-1930), die spätere Frau von Josef Schwab den Haushalt, die vermutlich schon während Luises Krankheit in Lausigk weilte. Erst 5 Jahre nach Luises Tod, am 28. Mai 1873 heiratete Oswald wieder. Sie, Fräulein Thekla Marie Arnold aus Zöblitz im Erzgebirge war zu Besuch bei Ihren Verwandten in Lausigk. So lernten sich beide über den Gartenzaun kennen, wie die Familienüberlieferung berichtet. Denn Oswald wohnte im Korbschen Haus in der Rochlitzer Strasse. Im Nachbarhaus wohnten Kermes (Kürmis), bei denen Marie Arnold zu Besuch war.
So ward die 24 jährige junge Dame mit dem lockigen schwarzen Haar und den braunen Augen die Braut des 41-jährigen Arztes aus Lausigk. Sie war keine Fremde in Lausigk, im Gegenteil, es bestand enge verwandtschaftliche Bande bestanden zwischen ihr und diesem kleinen Städtchen.
Doch da müssen wir leider weiter ausholen...

Etwas 1810 ließen sich in Lausigk der Chirurg und Geburtshelfer Johann Wilhelm Waxschwanz nieder, der am 26.3.1783 zu Grossmonra (bei Kölleda zu Thüringen) geboren war. Die Wahl seiner Herzens fiel auf die erst 18- jährige Johanne Frederike Hoyer geborene Hunger, die Witwe des bestimmt viel älteren Sylvius Ernst Hoyer, "gewesenen wohlbestallten Bürgermeisters und wohlemeritierten Co-Inspektors bei der Kgl. Sächs. General-Akzise wie auch Steuereinnehmers und Pfarrrichters zu Lausigk".
Wir brauchen wohl nicht daran zu zweifeln, dass die junge Witwe dem nur 4 Jahre älteren Arzt gern ihr Ja-Wort gegeben gab. Lag doch das Leben noch vor ihr. Am 20. Nov. 1816 findet in der Lausigker St. Kilianskirche die Trauung statt. Das junge Ehepaar bezog das nachmalige Kaiser'sche Haus an der Gabelung der Burgstrasse an der Stadthausstrasse, dass der Familie Waxschwanz später gehörte. Es steht auch heute noch.

Frederike Waxschwanz war eine geborene Hunger und stammte aus Lausigk (geb. 23. April 1786), ihr Vater und auch ihr Grossvater waren Seifensieder zu Lausigk. Der Vater Johann Gottfried Hunger lebte von 1748 bis 1897. Der Grossvater Gottfried Hunger starb erst nach 1754. Frederikes Vater war den Ausgangspunkt der Koch-Ose'schen bzw. eigentlich besser Koch-Arnoldschen Verwandtschaft, die noch bis in die Jetztzeit wirkt. Wenn auch weder Angehörige der einen und der anderen Familie noch in Lausigk wohnen. Friederike war das 13. Kind ihrer Eltern, ihre Schwester heiratete den in Lausigk ansässigen Zeugmacher Johann August Koch, den Stammvater der später weit verzweigten, vorwiegend aber in Lausigk ansässigen Familie Koch.

In unseren Familienüberlieferung spielt die sogenannte "Hungertante" als Bindeglied der Koch'schen und Arnold'schen Familie eine Rolle. Auch sie war ein Kind des Zeugmachers Johann August Koch, lebte von 1802 bis 1889 und war die Frau des Bäckermeisters Hunger, scheinbar eines Neffen des Seifensieders Johann Gottfried Hunger (1748 -1807). Die Hungertante hatte noch 2 Brüder Fritz Koch und Carl-August Koch, sowie eine Schwester, die spätere Frau Kerms (Kürmis). Bei dieser letztgenannten war unsere Thekla Marie Ose geb. Arnold zu Besuch, als sie Oswald kennen lernte. Es war die direkte Cousine von Ihrer Mutter Adelheid geb. Waxschwanz. Karl Ose, Sohn von Georg und Hildegard Ose, hat noch selbst die Tochter von Frau Kerms, eine Frau Hellermann in Dresden gekannt, eine rüstige, bewegliche alte Dame, die eng mit der Schwester Emma von Oswald (spätere Frau Schwab) von deren Lausicker Aufenthalt (s.o.) her befreundet war und allwöchentlich zum Doppelkopf- oder Skatspielen erschien.

Die Koch'sche Verwandtschaft, insbesondere welche die in Lausigk wohnte, war allen gut bekannt. Besonders Frau Kommerzienrat August Koch in der Burgerstrasse, deren Sohn Max einmal die älteste Schwester Luise von Oswald heiraten wollte, wie die Familien-Überlieferung berichtet. Sie war eine hurmorvolle, gutmütige alte Dame die besonders eng, vermutlich schon seit ihrer Jugend, mit Thekla Marie Ose befreundet war. Ihr Sohn Max Koch war ein schlichter, edler Mensch, Kaufmann vom Scheitel bis zur Sohle. Mitinhaber der weltberühmten Koch'schen Plüschfabrik, die leider in den 20ziger Jahren in Konkurs geriet. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie als Familiengesellschaft für den Unterhalt zu vieler Familienmitglieder aufzukommen hatte und dadurch technisch veraltete.
Im Arthur Koch'schen Haus waren die Söhne von Georg und Hildegard Ose, Fritz und Karl als Kinder oft, wo sie auch verwöhnt wurden, nicht zuletzt von deren Tochter Rosa. Dass sich Thekla Marie mit der ganzen Koch'schen Verwandtschaft "Du" nannte, war eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Oswalds bester Freund war Herbert Koch, ein Sohn vom Stadtrat Georg Koch; Herbert Koch von den Kindern als junger frischer Onkel sehr geliebt, fiel später einem tragischen Geschick zum Opfer.

Die Koch-Ose-Arnold Verwandtschaft stellt sich wie folgt dar:

siehe Bild-Datei

Das Arzt-Ehepaar Johann Wilhelm und Johanne Friederike Waxschwanz, mit den die Beziehungen unserer Familie und Lausigk besonders eng werden, und schließlich mit kurzer Unterbrechung zwischen 1852 (Tod von Frau Waxschwanz) und 1866 (Zuzug von Dr. Oswald Ose) bis zum Jahre 1925 reichen, hat nur 2 seiner 6 Kinder heranwachsen sehen. Julius Robert starb 1822 mit 6 Jahren, Rudolph Herrmann 1822 mit 3 Jahren, ein weiterer Rudolph Herrmann 1923 mit 1 Jahr, und schließlich Mathilde 1822 mit reichlich 4 Jahren. Nur die am 3. März 1818 geborene Adelhaid und der am 25. März 1829 geborene Julius Rudolph, das jüngste Kind wachsen auf. Julius, Junggeselle und Kaufmann (vermutlich Handelsvertreter) in Chemnitz, war als "Onkel Waxschwanz" ein beliebter Familienonkel, der am 7. Juli 1906 an Herzschwäche in Bad Ems starb. Seine ganze Liebe galt den Kindern seiner Schwester Adelhaid und deren Kindern. Sein Vermögen vererbte er dann auch auf die Kinder seiner Schwester, von denen jedes 4500,- Mark erhielt. Bei 7 Kindern machte dies immerhin rund 32.000 Mark aus.
Auch Frau Frederike Waxschwanz scheint nicht unvermögend gewesen zu sein. Sie besass in Lausigk Land, dass sie zum Teil selbst bebaute, z.T. verpachtete. In ihren letzten Lebensjahren wollte sie dieses verkaufen, wobei ihr ihr Schwiegersohn Karl Gottlob Arnold aus Zöblitz, der Mann ihrer Tochter Adelhaid, behilflich sein sollte, wie wir aus den Arnoldschen Aufzeichnungen wissen. Dort schrieb Karl Gottlob Arnold unter dem Jahre 1851 folgendes: "Am 14. Juli bin ich nach Lausigk gefahren und dem 18. Juli glücklich nach Hause gekommen. Meine Schwiegermutter wollte ihre Immobilien freiwillig versteigern, leider waren zu wenig Bieter da, und die Gebote so schlecht, dass wir den Zuschlag nicht gestatten konnten ...auch nach dem Tod seiner Schwiegermutter im Juli 1852 muss er wegen der Felder nach Lausigk fahren...Am 24.7. habe ich in Lausigk die anstehenden Früchte und das Heufutter verauktioniert".

Der Chirurg Waxschwanz, der schon 1935 starb, und seine Frau, die ihn fast schon 17 Jahre überlebte, waren auf dem Lausigker Kirchof begraben, der um die Kirche herum lag, aber etwa seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts nicht mehr belegt wurde.
In seiner Kindheit waren schon alle Gräber eingeebnet.

Am 20. August 1833, also noch zu Lebzeiten des Chirurg Waxschwanz, bekam Lausigk einen neuen Pfarrvikar in der Person der Herrn Heinrich Arnold, eines Zöblitzer Kinds. Sein Vater war Karl Gottlob Arnold der ältere (1774-1835), der übrigens fast am gleichen Tage starb wie der Chirurg Waxschwanz. Die Arnolds waren einen alt eingesessene Zöblitzer Familie, auch der Großvater Johann Gottfried Arnold (1731-1783) und der Urgroßvater Gottfried Arnold waren Zöblitzer Bürger. Gottfried Arnold wird in der Trauerurkunde seines Sohnes aus dem Jahre 1754 als "Erstbesitzer des oberen Vorwerks und ansässiger Bürger allhier" bezeichnet. Sein Sohn bei seinem eigenen Tod 1783 als "erbansässiger Bürger und Besitzer des Gasthofs zum Weissen Hirsch" in Zöblitz.
Das Vorwerk scheint auch noch später im Familienbesitz gewesen zu sein, wie aus den Arnoldschen Aufzeichnungen hervor geht. Diese reichen von 1811 bis 1870 und stellen ein Wirtschaftstagebuch dar, mit Angaben über Ernten, über das Wetter, über Einkauf und Verkauf von Holz, Getreide und Flachs. Sie enthalten aber auch wichtige Familien - und öffentliche Ereignisse. Es ist übrigens anzunehmen, das Johann Gottfried Arnold den "Weissen Hirsch" zukaufte, der dann bis 1880 im Besitz der Familie Arnold blieb. Nach dem Brand von 1854 wurde er wieder aufgebaut, war also mindestens 100 Jahre in Familienbesitz.
Der Haupterwerb der Familie Arnold war auf Grund der der Arnoldschen Aufzeichnungen nicht der Gasthof, sondern die Landwirtschaft, daneben das Fuhrwesen, die Viehzucht, auch der Holzverkauf bis zum Mitte des vorigen Jahrhunderts, die besonders Karl Gottlob Arnold betrieb.

Ihren Aufstieg verdankt die Familie Arnold der Tüchtigkeit von Johann Gottfried Arnold und insbesondere von Carl Gottlob dem Älteren. 2 von dessen Söhnen studieren, der eine Theologie (Heinrich der oben erwähnte Pfarrvikar zu Lausigk), der andere Jura Herrmann. Das väterliche Anwesen übernimmt Karl Gottlob der Jüngere, der in Freiberg und im Böhmischen das Fleischerhandwerk erlernt. Die Töchter machen allem Anschein nach recht gute Partien. Amalie heiratet den Zöblitzer Kaufmann Damm, Emilie den Pastor Müller und Pauline den späteren Rentamtmann Burkhardt. Ein weiteres Kind ist der Seifensieder Karl Arnold, dem in Zöblitz eine Werkstatt errichtet wird. Von ihm hat Thekla Marie Ose ihrem Enkel Hans Ose noch erzählt. Auch haben die Arnolds durch die Frau Karl Gottlob des Älteren, die Christine Charlotte Hertwig auch noch Grundstücke erhalten. In dem Arnoldschen Aufzeichnungen ist sogar von Hertwigs Hof, der von Arnolds bewirtschaftet wird, die Rede. All diese Dinge sowie nähere Einzelheiten über die Familie Arnold müssen einer eingehenden Bearbeitung unter Zuhilfenahme der Arnoldschen Aufzeichnungen vorbehalten bleiben.

Doch zurück zu dem neuen Lausigker Pfarrvikar Heinrich Arnold, der 1836 eine Pfarrerstochter aus Zürchau bei Altenburg zur Frau nimmt. Mindestens bis zum Jahre 1851 wirkt er in Lausik, da dort noch 1851 sein 8. Kind geboren wird. Der Pfarrvikar war mit der Familie Waxschwanz eng befreundet, lagen doch zudem das Waxschwanzsche Haus und das Diakonat in unmittelbarer Nähe. Wie eng die Freundschaft war, erkennen wir aus einen Brief von Frau Waxschwanz an ihre Tochter Adelhaid in Zöblitz vom 3.12.1851: "Ich dachte, deinem besten Freund gilt dieser Abend (nämlich der Abschiedsabend für den nach Pappendorf versetzten Pfarrer Arnold, der im Kurhaus des Lausigker Hermannsbades gefeiert wurde), und Du willst zu Hause bleiben." Frau Waxschwanz war nämlich in diesen Tagen gerade mit dem Umbau ihre Hauses schwer beschäftigt und wollte erst gar nicht zu dem Abschiedsabend gehen. Und in einen anderen Brief heißt es:"In dem Herr Vetter (nämlich dem Pfarrer Arnold) habe ich meinen besten Freund verloren!"
Heinrichs Bruder Karl Gottlob Arnold (1805-1869) verlor nun am 24. März 1843 seine erste Frau in Zöblitz mit der er seit dem 9.8.1841 verheiratet war, und die langsam scheinbar an den Nachwirkungen der Geburt ihres ersten Kindes Karl dahin siechte.
Wundert es uns denn, dass Heinrich seinen Bruder nach Lausigk einlud, wohin man recht gut mit der Postkutsche von Marienberg aus über Chemnitz gelangen konnte. Oder man das eigene Fuhrwerk nahm, dann brauchte man etwa von früh 6 Uhr bis Abends 8.00 Uhr, also etwa 14 Stunden. So lernt denn Karl Gottlob auch die Familie Waxschwanz kennen und Adelhaid lieben.
Mindestens zweimal fährt der Zöblitzer Arnold nach Lausigk, um das Ja- Wort zu erhalten. Zuerst unter dem 7. Nov. 1843 schreibt er selbst, er sei nach Lausigk gefahren, um bei Adelhaid Waxschwanz Heiratsanträge zu machen. Er wurde von Adelhaid und dessen Mutter "sehr wohl" aufgenommen. Am 13. Nov. reist er zurück, nachdem er von allen Abschied genommen hatte. "Was nun Adelhaiden betrifft, so konnte ich mit Zufriedenheit abreisen, indem die selbe viel Lust zeigte und sehr herzlich mir entgegen kam. So gehe ich der Zukunft froh entgegen, Befehle meinen himmlichen Vater meine Wege und hoffe auf ihn. Er wird's wohl machen".
Er beschreibt uns auch die Größe und Schönheit des Augenblicks seiner Verlobung, die nicht von der Überschwenglichkeit einer jungendlichen Liebe, sondern von der Tiefe und dem Ernst der Liebe zweier reifer Menschen getragen werden. Doch lassen wir den Bräutigam selbst zu uns sprechen:
"Ehe ich am 26. Jan 1844 von Lausigk abreiste, schlug mir und Adelhaid Waxschwanz die feierliche Stunde um einander das JA-Wort zu geben. Schwer waren diese Stunden für das Mädchen, indem sie soweit von ihrer Mutter fort sollte, und die einzige Tochter ist, welche doch der guten Mutter am Herzen lag, und mir deshalb die Sache sehr schwer gemacht wurde. Doch der Geist von oben umschwebte das gute Herz, denn nicht abreisen ließ sie mich, sondern um 12 Uhr Mittags gaben wir einander das Ja-Wort. Sehr feierlich waren diese Stunden, des Höchsten Ratschlag hat mich wunderbar geführt. So ergebe ich mich auch ferner in seinen heiligen gerechten Willen, er führe mich mit seiner Hand und lasse dieses wichtige Unternehmen glücklich vollenden, und die zukünftige Gattin lasse der gute Vater im Himmel gesund, froh und zufrieden eintreten. Der himmlische Segen walte herab auf Sie, damit sie segensreich an meiner Seite als Gattin wirken kann."

Seine zukünftige Schwiegermutter war scheinbar einer energische und erfahrene Frau, wie uns die folgende Aufzeichnung ihres Schwiedersohnes Arnold zeigt: "Am 25. März 1844 hatten wir Feiertag, aber auch zugleich Jahrmarkt. Die Witterung machte sich noch sehr gut, vorzüglich nachmittags, es waren viele Menschen herein gekommen, vorzüglich viele Schlitten, sodass bei mir die Pferde nicht alle untergebracht werden konnten. Mit meinen Einnahmen war ich zufrieden. In dem größten Trubel nachmittags trat zu meinen Erstaunen meine zukünftige Schwiegermutter, die Frau Doktorin Waxschwanz in meine Gaststube ein, welche ich zugleich erkannte, und dieselbe gleich in meine kleine Stube mit heraus nahm. Dieselbe war aus Angst in das Gebirge gereist, um zu sehen, wie es mit dem Schnee im Gebirge aussieht, weil mitunter viel in der Zeitung gestanden hat, dass der Schnee bei uns sehr hoch liegen solle. Dieselbe reiste am 28. März wieder ab, hatte sich überzeugt, dass bei uns auch gut Wohnen ist."

Und nun noch den Bericht über seine Hochzeit am 16. Juli 1944 in Lausigk; zuvor jedoch noch eine kurze Notiz aus der Brautzeit: "Am 15. März habe ich meine liebe Braut, Schwägerin (vermutlich die Frau des Lausigker Bruders Heinrich) und Agnes Damm (seine Schwester) mit meinem Geschirr von Röhrsdorf (?) abholen lassen, und ich bin nach Marienberg denselben entgegen gegangen, und habe selbige begleitet nach meiner Wohnung, wo dieselben bis zum 21. März blieben, und denselben Tag wieder begleitet habe wie am 21. März, bis nach Frankenberg, wo sie denselben Tag bis Haynichen fahren wollten (dort hatte Adelhaid Verwandte) und von dort im März wieder nach Lausigk. Meiner Braut schien es gefallen zu haben, bei mir, welches mir viel Freude macht, indem ich derselben sehr gewogen bin, und mit freudigem Gefühl und mit dankbaren Herzen zu Gott in die Zukunft schaue, dass ich bald eine herrliche Gattin an meiner Seite stehen sehen werde, die mir meinen Lebenspfad erleichtern wird."
Von seiner Hochzeit schreibt er: "Den 15. Juli bin ich mit meinem Bruder Hermann und Schwager Damm früh Uhr nach Lausigk gereist, und bin mit meinen Pferden bis Röhrsdorf unter Chemnitz gefahren. Von dort aus haben wir Lausigker Pferde gehabt und kamen Abends 8 Uhr glücklich dort an.
Sehr herzlich und liebevoll wurde ich nicht allein von meiner lieben Braut, sondern von allen Anverwandten empfangen und den selben Abend verlebten wir im Frohsinn und Heiterkeit bei meiner Schwiegermutter.
Es wurde mir auch über Tische eine Abendmusik gebracht.
Den 16. Juli schlug mir und meiner lieben Braut die ernste und feierliche Stunde. Um 12 Uhr Mittags gingen wir unter angenehm zahlreicher Begleitung in die Kirche zum Traualtar, welcher sehr mit vielen und reichhaltigen Blumen geschmückt war. 6 ganz in weiß gekleidete Mädchen gingen vor uns, welche auch den Altar so geschmückt und ein vollseidenes Kissen zum knieen uns hingelegt hatten. Nach einem schön gesungen Lied trat mein Bruder Heinrich an den Altar und hielt eine Rede aus brüderlichen Herzen, die mir sehr zu Herzen ging, und allgemein Tränen vergossen wurden. Die Kirche war zum Erdrücken voll, und mir eine derartige Trauung noch nicht vorgekommen. Mein Herz war tief bewegt und mit einem dankbar-frohen Herzen gegen meinen guten Vater im Himmel eilte ich mit meiner Braut zum Traualtar. Diese gesegnete Stunde bleibt mir unvergesslich, solange ich lebe.
Gott aber im Himmel segne uns diese neue Lebensbahn, verleihe uns stets Gesundheit und Kraft, damit wir froh und zufrieden und mit dankbaren Herzen zu Gott die Bahn des Lebens wallen können. Ich habe eine Gattin gefunden, durch Gottes Beistand und Güte, der ich mit Lust und Liebe entgegen gehen kann. Und so befehle ich dem Herrn unserem Gott unsere Wege und hoffe auf ihn, denn er wird es wohl und weise mit uns machen.
Aus der Kirche zogen wir nach dem Lausigker Schiesshaus (Schützenhaus), wo die Schwiegermutter ein Hochzeitsmal hat bereiten lassen und etliche 40 (?) Gäste zu Tische saßen.
Dieser schöne und wichtige Tag wurde sehr angenehm und freundschaftlich beschlossen und zwar früh den 17. Juli 2 Uhr. Über Tische hatten wir Musik und nach Tische ist sehr viel getanzt wurden.
Den 18. Juli schlug die Abschiedsstunde für meine liebe Frau früh 6 Uhr von ihrer lieben Mutter und ihrem Geburtsorte. Die Mutter fuhr zwar mit uns nach Zöblitz, wo der Abschied nicht ganz so schlimm war, und beide sich sehr ernst bewiesen haben. Mit Lausigker Pferden fuhren wir bis in die Brotmühle 2 Stunden von Mittweida nach Chemnitz zu, wo ich meine Pferde erwartete, die schon einige Stunden da waren.
Um 2 Uhr nachmittags fuhren wir von der Brotmühle weg und kamen Abends 8 Uhr glücklich und gesund in Zöblitz an, wo wir sehr feierlich von dem Meinigen empfangen wurden, und 2 Mädchen von den Schwestern Pauline und Emilie streuten meiner Frau schöne Blumen bis in die Eckstube, die mir meine Mutter überlassen hatte.
Da fanden wir alle meine Geschwister vor, bis auf den Bruder Heinrich, und meine Schwager und Schwägerinnen, Bezirkseinnehmer Müllers und Schwager Friedrich. Und begleitet hatten uns von den Lausigker Verwandten die Herren Vetter Hunger und Vetter Moritz Koch und seine Frau.
So beschloss auch dieser Tag unter vorhergangenen Gastmahl mit Musik in Friede und Freude früh 1 Uhr.
Den 19. Juli waren wir nachmittags auf der Knierbergschenke mit unseren und den Lausigker Verwandten. Den 20. Juli sind die Verwandten noch fortgefahren, aber nur bis Haynichen, bis auf die Schwiegermütter. Am 22. Juli habe ich meine Schwiegermutter bis Chemnitz fahren lassen und den 23. Juli ist dieselbe nach Lausigk mit der Post gefahren".
Soweit der Bericht von der Hochzeit, der uns ein anschauliches Bild dieses wichtigen Ereignisses vermittelt.

Aus den Aufzeichnungen spricht eine gereifte Persönlichkeit voller Gottvertrauen und Gottesfurcht. Carl Gottlob Arnold, Vater von Thekla Marie, war ein strebsamer und arbeitsamer Mann, kernig und gesund, voller Gerechtigkeitssinn und Tatkraft. Jedes Jahr des Arnoldschen "Wirtschafts- und Anmerkungsbuches", wie er es selbst bezeichnet, beginnt mit einen Dank zu Gott für den Segen und die Hilfe im vergangenen Jahr und der Bitte um Beistand auch im kommenden Jahr. Kirchliche Feiern wie Visitationen, Gustav-Adolf Feste usw. vergisst er nicht zu erwähnen.
Auch alte Bräuche werden geachtet und gepflegt, wie sie je gerade im Erzgebirge häufig sind. So erzählte Thekla Marie einmal, dass am Neujahrstag das gesamte Milch- und Rindvieh je einen Hering zu fressen bekam, was auch ein alter Brauch war.
Carl Gottlob erlangt schließlich das Amt eines Landrichters. Wenn wir Bilder des Ehepaar Arnold betrachten, so zeigen sie uns ernste Menschen, die sicherlich eine glückliche Ehe führten und ihren Kindern Vorbild waren. 3 Jungen und 5 Mädchen wuchsen heran, darunter Thekla Marie Arnold, spätere Frau von Carl Oswald Ose.

Adelhaid Arnold, Mutter von Thekla Marie, hat ihre engen Beziehungen zu ihren Geburtsort und ihren dortigen Verwandten stets sehr gepflegt und reiste auch öfters allein oder später mit einzelnen Kindern nach dort. Auch kam ihre Mutter Frau Waxschwanz nach Zöblitz, besonders nach der Geburt von Kindern.
So verbunden fühlte man sich in Zöblitz mit Lausigk, dass z.B. der 1852 geborene Sohn Herrmann nur Lausigker Paten bekommt. Es sind dies August Koch, Moritz Koch und Frau Muhme Hunger.
Im Rahmen dieser engen Verbundenheit reist denn auch einmal Thekla Marie Arnold nach Lausigk zu der Familie Herms und lernt ihren zukünftigen Gatten, Carl Oswald Ose kennen (s.o.).
Am 28. Mai 1873 findet die Hochzeit der beiden in Zöblitz statt. Die junge Arztfrau nimmt nun in Lausigk ihrerseits die engen Beziehungen zur Familie Koch wieder auf und pflegt sie bis an ihr Lebensende. Ganz verwächst sie mit Lausigk, in dem sie über 5o Jahre lebt. Ihr Lebensweg ist gezeichnet von Mühe und Arbeit. Die wirtschaftliche Lage zwang zu sparsamen und haushälterischen Wirtschaften. In diesem einfachen und schlichten Elternhaus verlebte Georg Ose, der am 15.Oktober 1878 als 4. Kind geboren wurde, seine Kindheit. In den großen Ferien kamen Nichten und Neffen von Thekla Marie und Carl Oswald, insbesondere Georg Ritter zu Besuch nach Lausigk.

Für die Kinder gab es zeitweise einen Ziegenbock zum spielen, auch sonst wurde allerlei Allotria getrieben. Zeitweise existierte auch ein Hund und eine zahme Dohle.
Aber die Eltern wurden schon all mit den Geistern fertig. Besonders von Carl Oswald hatten sie alle Respekt. Er war streng und kurz angebunden. Andererseits hatte er auch Sinn für Humor, wie uns eine Stelle aus einen Brief an seinen Dresdner Schwager Hermann Arnold zeigt (16.6.1889): "... und sagen wir unseren besten Dank für die gütige Einladung, welche wir leider nicht Folge leisten können; denn bei Marie (seine Frau) verbietet es sich gewisser Umstände halber (Anm. Damals war gerade das jüngste Kind Mariechen unterwegs) und ich kann nicht gut abkommen. Um nun aber die Einladung nicht ganz abzulehnen, befolgen wir der Gepflogenheit gekrönter Häupter und schicken unserer Stellvertreter, den Herrn Gymnasiasten Alfred Ose, welcher mit meinen Bruder Dr. Julius Ose nach Dresden reisen wird."

Carl Oswald war mit Leib und Leben Arzt, grob und kurz, bei der bäuerlichen Bevölkerung der Lausigker Gegend.
Dabei war jedoch auch gutmütig und dachte sozial. Er war ein begeisteter 1848, mehr Deutscher als Sachse. Von den mehr sächsisch und dem Königshaus positiver eingestellten Kreisen Lausigks setzte er sich bewusst ab. Bescheiden - seine einzige Leidenschaft war scheinbar das Lotteriespiel, bei dem er aber scheinbar niemals einen Treffer landete - und einfach und ohne viel Ausspannung im Beruf, so lebte er als Landarzt in Lausigk. Mit einem geschlossen Wagen - einen sogenannten Coupee fährt er über Land, auf dem Bock der alte Kutscher Müller. Vor dem Wagen 2 kleine Pferde, besonders teure waren es jedenfalls nicht. Denn nach Carl Oswalds Tod verkaufte sein Sohn Georg die beiden Pferde und bekam nur 135 Mark dafür - eins brachte er nur für den Pferdeschlächter an-. Georg kaufte sich dann ein junges flottes Pferd für 650 Mark. Der Kutscher Müller überlebte übrigens seinen Herrn nicht lange. Über sein Ende berichtet Georgs Schwester Luise unter dem 26. März 1905 in einem Brief an den Bruder Herrmann Arnold ihrer Mutter: "Am Busstag wurden wir in große Aufregung versetzt durch den Tod unseres alten Kutschers. Eben war er noch zum Mittagessen bei uns gewesen und war ganz munter, ging darauf noch einen Weg, als es auf einmal hieß, er sei gestorben. Er hatte sich auf eine Bank gesetzt, die hinter unseren Garten steht und hatte einen Gehirnschlag bekommen. Es ist manchmal als träume man, als jetzt so alles anders geworden ist".
Carl Oswald war an sich ein gesunder Mensch. Er wurde zwar etwas vom Ischias geplagt, hatte auch 2x Lungenentzündung vor seinen letzten Krankenlager, auf das ihn wiederum eine Lungenentzündung zwang. Am 25.01.1905 machte einen Herzschlag seinen arbeitsreichen Leben ein Ende. Er war fast bis zu seinen Tode beruflich tätig gewesen. Uns ist noch ein Rezept erhalten, dass er 5 Tage vor seinem Tode am 20. Januar ausschrieb. Carl Oswald war mittelgroß, etwas schmal, sein Haar war dunkelblond, seine Augen braun. Wie schon oben erwähnt, war er über seinen Beruf hinaus interessiert und auch sehr belesen.
Um schlagfertige Antworten war er nicht verlegen, trotz alles Strenge war er gutmütig und hilfsbereit sowohl seinen Verwandten als auch bei seine Patienten gegenüber. Mancher hat sicherlich seine Gutmüdigkeit weidlich ausgenutzt, wie sich auch bei seinem Tode zeigte, als man die Außenstände bei seinen Patienten feststellte. Aus einem Brief vom 9.5.1905 von seines Vaters Schwester Luise an ihren Onkel Hermann Arnold in Dresden, der Bruder ihrer Mutter, der bei der Erbschaftsregelung selbstlos mithalf, ist zu ersehen, das z.B. der Gutsbesitzer Döge in Beucha aus den Jahren vor 1901 ihm 462 Mark schuldete. Der Mühlenbesitzer Döge sogar 1634 Mark und aus der Zeit von 1880 bis 1900 nicht weniger als 748 Mark. Das sind immerhin recht ansehnliche Summen, zumal wenn man den damaligen Wert des Geldes berücksichtigt. Ein reicher Mann war Carl Oswald trotzdem keineswegs. Außer den Schuldscheinen in Höhe von 2150 Mark waren noch Außenstände in Schuldscheinen in Höhe von ca. 3000 Mark bei seinem Tode vorhanden. Dazu kamen noch Schulden seines Schwagers Emil Arnold in Zöblitz in Höhe von 4500 Mark und seines Schwagers Ritter in Chemnitz in Höhe von 1000 Mark. Zudem war auch noch Geld auf der Sparkasse und in Form von Papieren vorhanden. Dazu kam dann noch - nach Carl Oswalds Tod - das Erbteil vom Onkel Julius Waxschwanz (s.o). Jedenfalls hatte Thekla Marie trotz wirklich vorbildlicher Sparsamkeit kaum soviel um Leben zu können, sodass Georg und später auch Hildegard sie oft und gern unterstützten.

In der Öffentlichkeit trat Carl Oswald vor allen Dingen als Stadtverordneter hervor. Noch am 30.11.1904 wird er bei den Lausigker Stadtverordneten Ergänzungswahlen als Kandidat der Unansässigen - in Gegensatz zu den Ansässigen - als erster mit 264 Stimmen gewählt. Im ganzen hat er über 3 Jahrzehnte dem Stadtverordnetenkollegium angehört und sich zahlreiche Verdienste um das Wohl der Stadt Lausigk erworben.
Thekla Marie Ose war eine mehr kleine als mittelgroße Person von normaler Figur. Im Alter hatte sie weißes Haar, das früher fast schwarz und sehr lockig war. Von ihren Kindern sieht ihr ihre Tochter Martha am ähnlichsten. Sie hatte braune Augen, aus diesen sprachen nur Güte und Liebe. Sie war sanft und gutmütig, eine Hausfrau ohne Beispiel, sparsam und einteilend, dabei konnte sie fabelhaft kochen (Puddings und Soßen!!). Sie strickte und häkelte gern und las mit Vorliebe geschichtliche Bücher. Die Kinder gingen gern zu ihr, die ja am selben Ort wohnte. Zuletzt hatte sie ihre Wohnung in der Badstr. 27 einem hohen Haus neben der Reichsbahnführung. Von ihren Kindern wurde sie "Mama" genannt. Sie wurde von ihren Enkeln als "Lausigker Großmutter" genannt. Im Gegensatz zur "Grimmaer Großmutter" Bernhardi (geb. Meßthaler, Nürnberg).
Die ernste Frömmigkeit ihrer Eltern, scheinbar besonders ihres Vaters, hatte sich auf sie übertragen. Sie war ein zwar ernster, aber auch ein froher Christ. Fast regelmässig besuchte sie am Sonntag den Gottesdienst in der Kirche. Allsontäglich wurde von ihr ein Choral auf dem Klavier gespielt. Bibel und Gesangbuch wurde oft benutzt. Nie sprach sie ein ungerechtes und hartes Wort gegenüber anderen Menschen oder über anderen Menschen aus. Oft erzählte sie uns Kindern aus ihrer Jugend und Kindheit. Mit ihren Angehörigen, insbesondere ihren Bruder Hermann sowie den Geschwistern Julius und Emma ihres Mannes Carl Oswald hatte sie guten Kontakt, es herrschte bestes Einvernehmen. Von Zwistigkeiten ist nie etwas bekannt geworden. Thekla Marie ist in ihren Leben nur wenig herum gekommen. In den ersten Jahrzehnten ihrer Ehe reiste sie mit ihren Mann gelegentlich nach Dresden, wo ihr Bruder Hermann sowie ihre Schwägerin Emma sowie ihre Schwager Hugo Ose lebte.
Auch in Zöblitz war sie gelegentlich mit ihren Kindern. Allerdings gehörte schon damals der "Weisse Hirsch" nicht mehr der Familie Arnold. 1874 hatte ihn ihre Mutter verkauft, wie aus dem Brief der Schwägerin Emma vom 10.12.1874 zu lesen ist. Vor 1914 war sie auch einmal in Mahnebach in Thüringen. Es muss aber ein recht verregnete Sommerreise gewesen sein.

In ihren letzten Lebensjahren litt sie sehr an Arterienverkalkung, die sich besonders an Herz und Kopf bemerkbar machte und zu einer außerordentlichen Gedächtnisschwäche führte, wie übrigens auch bei ihrer Schwester Anna, später Frau Schulze in Dresden. Sie überlebte all ihre Geschwister bis auf ihren Bruder Hermann, der sie um einige Jahre noch überlebte. Besonders nach ihres Sohnes Georg tragischen Tod - kam mit seinem Motorrad unter ein Fuhrwerk - ging es mir ihr sichtlich bergab. Sie war seelisch vollkommen gebrochen, was sich auf ihren gesamten Gesundheitszustand auswirkte. Wenige Monate vor ihren 75. Geburtstag, in den Tagen des Osterfestes, schliesst sie die Augen. Sanft und ohne Schmerzen schläft sie ein. Noch am Nachmittag, als ihre Enkel Fritz und Karl mit den Rädern von Grimma aus zu Besuch kamen, sitzt sie auf einen Stuhl in der Küche und hat sie wohl auch noch erkannt. In den späten Nachmittagsstunden tritt Bewusstlosigkeit ein und nach einigen Stunden stirbt sie. Zwischen ihren Mann und ihren Enkelkind Wilhelm, wird sie wenige Tage nach dem 24.4.24 beigesetzt, nahe dem Grab ihres von ihr so geliebten Sohnes Georg, der ihr im Tod vorausgehen musste. Ein arbeitsreiches und selbstloses Dasein voller Hingabe und Sorge für Kinder und Enkelkinder war beendet. Und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen.


6 Kinder entsprossen der scheinbar wirklichen glücklichen Ehe von Carl Oswald und Thekla Marie Ose.
5 wuchsen heran, nur eins starb im zarten Alter. Es war Hugo (geboren am 17.6.77, gestorben am 26.3.78).
Das Älteste Kind war Alfred, das am 9. Juli 1874 geboren wurde, 4 Wochen zu früh. Alfred Ose war daher stets zart und lernte erst mit 3 Jahren laufen. Hatte auch schon im 2. Lebensjahr den Keuchhusten (Winter 1875/76). Er war mittelgroß, von schmaler Statur, hatte dunkelblondes Haar und große braune Augen. Er besuchte zunächst das Gymnasium zu Wurzen und das zu Schneeberg. Sein Vater Carl Oswald Ose war jedoch mit den Leistungen nicht zufrieden uns ließ ihn kurzerhand das Tischlerhandwerk erlernen. Später wird er jedoch Kaufmann und ist tätig u.a. als Verkäufer in einem Möbelgeschäft und dann auch als Buchhalter. Mit etwa 40 Jahren erkrankt er schwer und wird an den Beinen gelähmt, sodass er sich eines Fahrstuhls bedienen muss. Treu und unermüdlich arbeitet und sorgt er für das Schokoladengeschäft in der Hamburger Strasse in Leipzig, welches der Familie in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg jahrelang als Existenzgrundlage dient, bis es etwas um 1935 aufgegeben wird.
Alfred Ose hat ein schweres Schicksal, dass seine Frau tapfer mit ihm trägt. Er war geistig nicht so rege wie seine Schwester Luise. Uneigennützig verschenkt er gern, um Familie und Verwandtschaft ist er sehr besorgt. Im Leid ist er geduldig, er trägt es still und zufrieden.
In seine Verlobungszeit fällt der Tod seines Vaters, Carl Oswald Ose. Hedwig Hillig aus Hamburg wird seine Frau. Die Hochzeit findet im Jahre 1905 statt.
Thekla Marie Ose schreibt in einem Brief 14.9.1905 an ihren Bruder Hermann:"... zugleich auch vielen Dank für das schöne, wertvolle Hochzeitsgeschenk und die Glückwünsche zu Alfreds Hochzeit, es vergeht eben alles, das Gute und das Unangenehme (d.h. der Tod ihres Mannes, Carl Oswald Ose, im Januar 1905) bis wir selbst vergehen.
Uns hat es sehr gut gefallen zur Hochzeit, es war alles sehr gut und eine sehr gemütliche Stimmung, zu der unser lieber Schwager Julius auch beigetragen hat... Martha schrieb vor kurzen, sie habe recht große Sehnsucht nach Hause. Dass sie nun zur Hochzeit nicht hier sein konnte, hat ihr doch recht leid getan und musste sich doch einmal aussprechen.
Mir war es natürlich schrecklich, als ich zur Hochzeit nach Leipzig kam und Alfred im feierlichen Gewand sah. Ich habe schlucken müssen, dass der Schmerz nicht zum Ausbruch kam, die gute Martha nicht dabei und der gute Papa gar nicht mehr zu sehen. Man muss es sich nur immer überlegen, dass es anderen auch so geht, und sie nicht zusammen bleiben können, sonst könnte man vergehen vor Schmerz".

1941 wird Alfred, Geogs ältester Bruder, von seinem Leiden still erlöst. Als einziges Kind entsprang dieser Ehe Gertrud Ose. Uns immer bekannt als Tante Trudchen, mit welcher wir uns immer bestens verstanden und die wir auch heute noch als tüchtigen, tapferen und fleissigen, unverzagten Menschen schätzen. Welche in ihren Leben sich durch viel Sorge und Mühe durchkämpfen musste und stets eine der besten Schülerinnen auf der von ihr besuchten Gaudigschule zu Leipzig. Sie studierte Sport, Physik und Mathematik in Leipzig. Sie erhielt dazu ein Stipendium des Studium-Stiftung des Deutschen Volkes und wurde schließlich Studienrat in einer Mädchenschule zu Leipzig, welche nach Ende des Krieges abgebaut wurde.
Seitdem schlägt sie sich mühsam zusammen mit jetzt recht kränklichen Mutter durchs Leben. Sie wohnt in Leipzig. Sie hat schwarzes Haar, braune Augen und ist recht groß und schlank. Sie ist in ihrer Statur mehr nach ihrer Mutter geworden, im Gesicht mehr nach Thekla Marie Ose, hat jedoch nicht ihre große Nase.

Luise Ose, Tochter von Thekla Maria Ose (geb. Arnold) und Carl Oswald Ose, geboren am 24. Sept. 1975 im Korbchen Haus in der Rochlitzer Strasse zu Lausigk, war die stets besorgte und um das Wohl ihre Nichten und Neffen bemühte Familientante. Aber auch ihre anderen Angehörigen lagen ihr stets am Herzen. Ihr warmes Herz hatte Verständnis für alles und suchte auszugleichen und zu verstehen. Auch mit ihrer Schwägerin Hildegard Bernhardi, sie sich ausgezeichnet und war ihr stets eine treue Hilfe, besonders nach Geburten. Einfach, bescheiden, fleissig und begabt, froh und zufrieden, mit sehr dunklem Haar und gütigen braunen Augen führte sie nur ein der Familie gewidmetes Dasein. 50 Jahre ihres Lebens verbrachte sie in Lausigk, wo sie zuletzt die treue und aufopfernde Pflegerin ihrer Mutter war. Seit 1925 lebte sie zusammen mit ihrer Schwester Martha in Frankenberg.
Mit ihren Wegzug endete die langjährige Verbundenheit mit Lausigk. Nur die Gräber unserer Lieben dort und die Erinnerung an glückliche Jahre verbinden uns noch mit diesen kleinen, freundlichen und bescheidenen Städtchen, das seit 1912 die stolze Bezeichnung "Bad Lausick" führen durfte.
Tante Liesel, wie sie auch genannt wurde, war gesprächig, froh und heiter. Interessiert für das Zeitgeschehen, begabt, geschickt in Haushalt und Wirtschaft, ungeheuer fleissig und sparsam, schneiderte und nähte mit großen Geschick. Umständlich war sie nicht, aber gewissenhaft. Sie war von gesunder Natur, etwas zierlich und schmächtig. Ihre Hände ruhten selten. Wenn sie auch im Winter 75/76 zusammen mit ihren Bruder Alfred den Keuchhusten hatte und mehrmals Diphtherie, so zuletzt 1913 und auch als Kind Rippenfellentzündung, so war doch davon nichts zurückgeblieben und wir alle waren traurig überrascht, als wir die Todesnachricht erhielten. Eine Brust- und Rippenfellentzündung hatte sie aufs Krankenlager gezwungen, eine Embolie machte ihrem Leben ein unerwartetes und wohl schmerzloses Ende (6. Dez. 1940). In Frankenberg fand sie ihre letzte Ruhestätte. Noch im Tod hatte sie ein friedvolles Aussehen und rote Backen wie im Leben. Voller Dankbarkeit werden wir ihr stets alles gedenken, die sie noch kannten.

Georg Ose hatte noch 2 jüngere Geschwister, nämlich Martha, welche am 23. Juni 1884 das Licht der Welt erblickte und zwar schon im Hause Hauptstrasse 55, wo Georg und Hildegard Ose auch später wohnten. Martha war Klavierlehrerin in Frankenberg/Sachsen. Sie sieht äußerlich ihrer Mutter Thekla Marie sehr ähnlich, hat auch wie sie fast schwarzes, lockiges Haar und braune Augen. Sie ist ruhig, nicht so flink wie ihre Schwester Luise, jedoch kaum weniger besorgt um ihre Angehörigen. Sie hat sich immer ehrlich durchs Leben schlagen müssen, der Beruf einer Klavierlehrerin kostet Nerven. Auf dem Leipziger Konservatorium erhält sie ihre Ausbildung, während dieser Zeit wohnt sie, soviel wie bekannt ist, in Brandis bei ihrem Onkel Julius. Besonders nach ihres Vaters Tod wird für sie auch die Frage brennend, sich selbst zu erhalten (Anm. selbst zu ernähren). Aus einem Brief vom 19.4.1905 ihrer Schwester Luise an ihren Onkel Hermann Arnold erfahren wie folgendes:
"Martha geht Anfang Mai nach Glücksburg in Schleswig. Von Brandis aus hatte sie auf eine Annonce im "Daheim" geschrieben, in der eine Klavierlehrerin für ein Ostseebad gesucht wurde, freilich nur gegen freie Station. Als Martha nun vor 8 Tagen nach Hause kam, erhielt sie einen Brief aus Glücksburg. Es sind dort 2 Schwestern, die ein Pensionat haben. Die Pensionärinnen erlernen die feine Küche und nehmen nach Wunsch auch Musik-, Sprach-, Handarbeit-, und anderen Unterricht. Frl. Petersen schickte einen Ansichtskarte ihrer Villa "Strandeck" mit, welche reizend liegen muss. Martha schrieb darauf, dass sie Lust habe die Stelle anzunehmen und fragte an, ob sie ausser dem Hause noch Unterricht geben könne, und ob sie Gelegenheit habe, sich selbst weiter zu üben. Fotografie und Zeugnis schickte sie auf Wunsch ein.
Gestern schrieb Frl. Petersen das Marthas Anerbieten von ihr und ihrer Schwester reiflich überlegt und angenommen sei. Es ist ihnen lieb, wenn Martha so bald wie möglich kommt. Es kam alles so überraschend. Es würde uns freuen, wenn Martha sich dort wohl fühlte und die Stellung gut ausfüllt. Wäsche usw. hat Martha frei, auch zu Ausflügen usw. wird für sie bezahlt. Gestern schickte Frl. Petersen einen Prospekt mit. Der Pensionspreis beträgt für die jungen Mädchen 1000 Mark (Wäsche und verschiedene Stunden werden noch extra berechnet)."

Und aus einem Brief vom 26. April 1905, also eine Woche später: "...Es ist jetzt viel zu besorgen und zu bedenken, weil Mariechen und Martha fortgehen. Martha wird, wenn alles gut geht, erst Weihnachten wieder kommen; es sind auch Ferien in dem Pensionat, wie an den Töchterschulen, aber die Reise wird doch zu teuer. Nur zu Weihnachten wird das Haus auf 3 Wochen geschlossen. Hoffentlich gefällt es Martha und füllt sie die Stellung dort aus. Der Unterricht soll, wenn möglich, auf 1 Jahr derselbe sein."

Und dann noch aus einen Brief vom 9. Mai 1905: "Martha ist seit Sonnabend in Glücksburg, Gott gebe, dass sie sich einrichtet und wohl fühlt. Die Reise war ziemlich anstrengend.... bis jetzt sind 8 junge Mädchen in Pension, es kommen gewiss noch mehr. 5 davon haben Klavierunterricht."

Später ist Martha dann noch in Barsinghausen, in Wilhelmshaven und in Duisburg-Meinderich tätig. 1910 lässt sie sich in Frankenberg nieder, wo sie nun schon fast 40 Jahre wirkt.
Ihre Gesundheit ist an sich gut, nur ist sie sehr von Kopfschmerzen geplagt. Scharlach, Masern und Nasendiphterie hat sie gehabt, auf öfters Grippe. So lange ihre Schwester Luise bzw. ihr Mutter Thekla Marie noch in Lausick lebten, verbrachte sie dort regelmässig ihre Ferien. Es war für Georgs/Hildegards Söhne immer eine große Freude, wenn sie dann dort in die Konditorei Theilemann gehen durften und Sahnebaisse's essen konnten.
Als ihre Schwester Luise dann zu ihr nach Frankenberg gezogen war, verreisten beide Schwestern regelmässig in den großen Ferien ins Erzgebirge, Thüringen oder ins Fichtelgebirge.
Einmal war Martha auch mit der Familie Fabian in der bayerischen Bergen. In München wurde Station gemacht und das Hofbräuhaus besucht. Dann lebte sie allein in ihrer Häuslichkeit in Frankenberg. Diese birgt fast ausschließlich Möbelstücke ihrer Eltern Carl Oswald und Thekla Marie Ose und weckt dadurch lebhafte Erinnerungen an schöne Tage in Lausick.
Martha und Luise verlebten die wichtigsten Feste des Jahres, besonders Weihnachten, fern von Frankenberg im Kreise der Ose'schen Familie in Grimma oder Fabian'schen in Borna oder Dresden. Silvester wurde meist in Dresden verlebt bei Fabians.

Die jüngste und im Gegensatz zu ihren beiden Schwestern grosse und schlanke Schwester von Georg Ose wurde am 4. Juli 1889 geboren. Damals war ihr Vater schon 57 Jahre alt. Marie Ose - Tante Mariechen genannt - besuchte in Leipzig die Frauenberufsschule und wurde dann Nadelarbeitslehrerin an der Bad Lausicker Bürgerschule. 1913 verlobte sie sich mit ihren ehemaligen Klassenkameraden und Jugendfreund Waldemar Fabian, dem ältesten Sohn des 1911 verstorbenen Bürgermeisters Fabian von Lausigk. Der Bräutigam hatte damals gerade sein "Referendar" gemacht. Karl Ose, Sohn von Georg Ose konnte sich noch gut an die damalige Verlobung besinnen. Leider verzögerte der Weltkrieg - Waldemar Fabian war als Jurist im Osten eingesetzt - die Eheschließung bis 1919. So hatten die Kinder von Georg Ose oft Gelegenheit, den Hamsterkasten von Tante Mariechen zu bewundern, der allerlei schönes und nützliches enthielt.
Am 31. Juli 1919 findet die Hochzeit statt. Es war ein schönes Familienfest. Der Polterabend wurde in der Wohnung von Georg und Hildegard Ose abgehalten. Die Hochzeitstafel in der Wohnung von Thekla Marie. Auch damals war eine Zeit der Not. Wochen und Monate lang hatten sie alle Essensmarken abgespart, und die verwandtschaftlichen Gäste recht gut bewirten zu können, was dann auch gelang. Selbst Eis fehlte nicht zum Nachtisch. Die tüchtige Kochfrau ließ sich das Wohl der Kinder (Hans, Fritz, Karl und Cousine Gertrud Ose) recht am Herzen liegen und der Bruder von Carl Oswald, Julius Ose, war der Ansicht ein Gläschen Wein schadet auch den Kindern nicht. Es war bezeichnend für die damalige Zeit, dass ausgerechnet am Hochzeitstag die Kutscher in Lausick streikten, sodass der Fuhrunternehmer die Brautkutsche selbst kutschieren musste. An Autofahren war natürlich gar nicht zu denken. Erstens hätte man in ganz Lausick bestimmt kein geeignetes Auto aufgetrieben, zweitens fehlte es an Bereifung und Treibstoff. Waldemar Fabian, Mann von Marie Ose, Schwester von Georg Ose, über dessen Schicksal damals tragische Ungewissenheit herrscht, war bald mit der Ose'schen Familie eng verbunden, und hat insbesondere nach Georg Oses Tod, dessen Frau Hildegard Ose in vorbildlicher und uneigennütziger Weise zur Seite gestanden.
Er war zunächst Stadtrechtsrat in Plauen, dann Bürgermeister in Netschkau/Sachsen und ging daraufhin in den Staatsdienst, zunächst als Regierungsrat an die Amtshauptmannschaft Borna, zu der ja auch Bad Lausick gehörte, und kam dann an das sächsische Innenministerium, wo er zuletzt als Regierungsdirektor tätig war.
In dem Fabian'schen Haus in Plauen, Netschkau, Borna und Dresden haben die Kinder von Georg und Hildegard Ose, vor allem Karl Ose, als Schüler, Student und auch später, viele schöne Stunden verbracht. Angeregte Aussprachen über Familie, Beruf, Politik, Geschichte usw., oft bis in die späten Nachstunden hinein, bei einem Gläschen Wein gehören mit zu den schönsten Stunden im Hause Fabian.
Marie Fabian geb. Ose, Tante Mariechen, war stets recht schweigsam, ruhig, eine vorbildliche sparsame Hausfrau und Mutter. Am liebsten ganz im engen Kreis der Familie lebend, zumal ja gerade die Familie Fabian ein besonders harmonisches und selten schönes, ganz abgeschlossenes Familienleben führte. Tante Mariechen war wie gesagt, gross, hatte schwarzes glattes Haar und braune Augen. Ihre Tochter Isolde, geb. am 10.4.1920 in Plauen, war ihr ganzes Ebenbild. Stets eine vorbildliche Schülerin studierte sie später in Graz und Dresden Volkswirtschaft und war dann in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Dresden tätig. Sie war Diplom.-Volkswirtin, fleissig, gewissenhaft, anhänglich und zusammen mit ihrer Schwester Erika Fabian, die Stütze ihrer geprüften Mutter Marie.
Erika Fabian, ganz blond und blauäugig, gross und schlank, geboren am 23. Feb. 1922 in Plauen. Sie wurde im Juli 1922 in der Wohnung von Thekla Marie Ose getauft.
Es war die letzte Familienfeier voller Harmonie aus frohem Anlass in Lausick. Mehrere Wochen später verunglückte Georg Ose tödlich.

Erika hatte leichteres Blut als ihre Schwester, ist viel lebhafter und großzügiger im besten Sinn. Sie ist als Volksbibliothekarin in Meissen tätig, zeitweise leider etwas kränklich. Auch zwischen Ihnen und der Familie Ose bestand immer ein enges und herzliches persönliches Verhältnis, ebenso wie zu Gertrud Ose.

Doch zurück zu Georg Ose.
Von Ostern 1885 bis Ostern 1891 besuchte er die mittlere Volksschule seiner Vaterstadt und erhält außerdem im dortigen Institut des Herrn Erdman Unterricht in Latein und Französisch.
Klavierstunde hatte Georg bei dem besonders rabiaten Oberlehrer Schwenke, der gelegentlich das damalige klassische Lehrbuch des Klavierspiels, den "Damm", Georg so sehr um die Ohren schlug, dass die Eltern Ose sich zur Aufgabe des Klavierunterrichts entschlossen, der vermutlich dann erst in Wurzen fortgesetzt wurde.
6 Jahre besuchte Georg die Volksschule, dann kam er in die Quinte des Wurzener Gymnasiums. Warum die Wahl gerade auf Wurzen fiel, ist nicht bekannt. Dort war zwar sein Vater Carl Oswald geboren, aber sonstige Beziehungen bestanden wohl kaum.
Klassenkameraden von Georg waren dort der spätere Regierungsrat Köhler, der führende Mann der Leipziger Berufsberatung, Dr. Hornig, bis 1945 Bürgermeister von Grimma und Apotheker Stark aus Gederen, dessen Sohn später die Fürstenschule in Grimma zusammen mit den Söhnen Georgs besuchte.

In Wurzen wurde Georg in der Pension von Frau Schneider untergebracht. Verweichlichung gab es da nicht, oft war im Winter das Wasser im Waschbecken gefroren, sodass es mit dem Stiefelabsatz aufgehackt werden musste. Auch die Primanerliebe fehlte nicht. Leider ist sein Notizbuch aus der Primanerzeit den letzten Kriegsjahren zum Opfer gefallen.
Georg gehörte auch dem dortigen Ruderverein an. Bei allen Ernst seiner Lebensauffassung war Georg, besonders in seiner Jugend, gern fröhlich und vergnügt und hatte Sinn für Humor und war selbst humorvoll.
Georg schreibt einmal selbst von seinem Abitur: "Nach 8 Jahren, im Jahre 1899 (es war der 14. März) verlies ich stolzen Hauptes, mich in meiner Würde als Mulus wie ein kleiner Gott fühlend, das Gymnasium und bezog dann die Universität Leipzig am 24.4.1899, wo ich Medizin studierte. Ich wünschte recht gelehrt zu sein. Ich wollte eigentlich das erste Semester in Freiburg im Breisgau studieren, aber in Folge der Erkrankung seines Vaters, die nicht unbedenklich und gerade damals besonders schlimm war, als das Semester begann, wurde zu meinem größten Leidwesen aus diesem Vorhaben nichts. So studierte ich in Leipzig..."
Das Georg das Abitur nicht all zuviel Sorge bereitete, zeigt uns der folgende Brief aus Wurzen vom 26. Januar 1899, den Georg an seine treue und besorgte Schwester Luise schrieb: "Luise, traute Schwester, vielgeliebtes Haupt! (frei nach Sophokles)
Deinen teuren Brief vom 21. Januar habe ich erhalten, Dir dafür meinen herzlichen Dank. Ich gehe jetzt zunächst auf die in Deinem Schreiben an mich gerichteten Fragen ein. Das Ihr solange nichts von Euch hören lassen, darüber habe ich mich allerdings gewundert. Mir geht es sehr gut!
Ich habe noch nicht all zuviel wiederholt. Du brauchst Dich aber nicht zu ängstigen. Ich bin gestern vor acht Tagen in Grimma gewesen. Habe dort meinen Berechtigungsschein (Anm. für den einjährigen Militärdienst) wieder erhalten und darüber quittiert. Auch erfuhr ich dabei, dass ich wegen allgemeines Körperschwäche nicht angenommen wurden bin.
Als ich in Grimma ankam und den Zug verlassen hatte, wurde mir die Ehre sowie das Vergnügen zu Teil, Frau Pastor Pasig begrüssen und sprechen zu dürfen, die im Verein mit anderen Damen nach Nimbschen (bei Grimma) zum Kaffeekränzchen fuhr. Dann besuchte ich die jungen Damen (Anm. Pasig), Trudchen und Johanna, welche mich mit Kaffee und Kuchen bewirteten die Güte hatten.
Darauf ging ich zur Amtshauptmannschaft und fuhr um 4 Uhr 2 Minuten bereits wieder nach Wurzen zurück, der ich um 2 Uhr dort angekommen war.
Wann unser schriftliches und mündliches Examen stattfindet, ist noch unbestimmt. Als Kommissar wird Herr Oberschulrat, ehemaliger Rektor von Zittau und Grimma, fungieren. Wenn doch der ganze Examenrummel erst vorbei wäre!
Gestern besuchten uns die Grimmenser, freischlagende Verbindung zu Leipzig. Nächsten Sonnabend kommen die Dresdenser, Burschenschaft zu Leipzig, und nächsten Mittwoch die Herren Pauliner, Gesangsverein daselbst.
Morgen von 11 Uhr ab sowie den ganzen Nachmittag, haben wir anlässlich des Geburtstages unseres allergnädigsten Kaisers frei.-
Nun, Lieschen, bist Du jetzt mit meinen Brief zufrieden? Nein? Nun, dann muss ich noch ein wenig schreiben. Was aber? wirst Du denken. Was aber? frag ich mich selbst.
Sprechen wir von der Zukunft! Wenn ich nach bestandenen Examen nach Hause komme, nimmst Du - den Kellerschlüssel und holst eine Flasche Wein hervor, über deren ferneres Schicksal ich mir die Entscheidung anmaße.-
Wie steht es denn eigentlich mit einem Coupee? Ist schon eins angeschafft? Oder noch nicht? - wie geht es Euch denn? Seid ihr alle gesund? Hoffentlich und jedenfalls!
Jetzt will ich aber schließen, um noch ein wenig Mathematik zu repetieren. Es ist bereit 3/4 9 Uhr.
Mit den herzlichsten Grüßen an Vater, Mutter, Martha, Mariechen und an Dich verbleibe ich
Dein und Euer Georg.


Dies der Brief des Oberprimaners Georg Ose, wenige Wochen vor seinen Abitur, sorglos, fröhlich und zukunftsfroh. Noch trägt er die schöne rote Schülermütze. Doch bald hat er das Abitur geschafft. Das Zeugnis, unterschrieben von dem damaligen Rektor Koscher und dem Prüfungskommissar Dr. Müller zeigt eine "1" im Betragen und eine "2" in den Leistungen. In allen Einzelfächern hatte er die Note "gut", schwankend zwischen 2a und 2. Nur in griechisch präsentiert sich eine 2b. Ist es ein Zufall, dass auch seine 3 Söhne in ihrem Abiturzeugnis im Betragen die "1" und in den Leistungen die "2" haben?
So vertauscht denn der junge "Mulus" die Schülermütze mit dem Hut, dem Zeichen des Philisters.

Am 20. April 1899 lies er sich als Student der Medizin an der Universität Leipzig einschreiben, enttäuscht, dass aus seinen Freiburger Plänen nun nichts werden konnte. Einer akademischen Verbindung ist er, im Gegensatz zu seinem Vater, der scheinbar einer solchen - allerdings nicht fechtenden angehörte -, nicht beigetreten. Einmal wurde er auf Säbel gefordert, wegen einer Lappalie. Es ist nicht bekannt ob die Partie überhaupt ausgetragen wurde.
Georg widmet sich energisch seinem Studium. Alter und Gesundheitszustand seines Vaters Carl Oswald - er war 68 - veranlassen ihn besonders dazu und ließen ihm keine andere Wahl.
Pünktlich nach 4 Semestern, am 12. Feb. 1901, besteht er das Physikum, die medizinische Vorprüfung, mit einer "1" in Chemie und Psychologie, mit "gut" in den übrigen Fächern; Anatomie, Physik, Botanik und Zoologie. Er hört Vorlesungen bei Professoren wie Trendelenburg, Flechsig und anderen Kapazitäten. Ein ausführliches Verzeichnis über die besuchten Vorlesungen und Übungen gibt uns ein genaues Bild vom Studiengang.

Bereits nach 10 Semestern, am 3. März 1904, legt er mit "gut" die Prüfung vor der ärztlichen Prüfungskommission zu Leipzig ab und erhält unter dem 11. April 1904 von den beiden sächsischen Ministerien des Inneren und des Kultus- u. öffentlichen Unterrichts die Approbation als Arzt. In dieser Zeit entstand auch seine Doktor Arbeit über Paraffin-Prothesen.
Die Doktor-Würde erlangte er im Sommersemester 1904 an der Universität Leipzig, an der er ausschließlich studierte. Über seine weitere Ausbildung schreibt er selbst:
"Im Sommer 1904, nach Erlangen der Dr.-Würde, vertrat ich ca. 3 Wochen lang meinen Onkel Julius Ose in Brandis und danach Dr. Mangold in Lauchhammer Provinz Sachsen. Vom 1. Okt. 1904 bis Ende Januar 1905 war ich Assistenzarzt am Knappschaftslazarett in Zabrce (später Hindenburg) in Oberschlesien. Anfang Februar, nach dem Tode meines Vaters, ließ ich mich in Lausick als praktischer Arzt nieder".
Soweit die Aufzeichnungen von Georg Ose.

Eine militärische Ausbildung hat Georg nie erhalten. Er erhielt die Berechtigung zum Einjährigendienst, wurde aber nicht genommen (siehe oben). Er hätte also statt der sonst üblichen Dienstzeit von 2 Jahren nur 1 Jahr zu dienen brauchen. So wurde er zunächst 1901 der Ersatzreserve der Infanterie zugewiesen und 1911 dem Landsturm 1. Aufgebots. Sein erhaltener Wehrpass zeigt übrigens, dass er mindestens 5 "Buden" als Student in Leipzig hatte, zuletzt in der Leipziger Strasse.

Am 25. Januar 1905 erreicht ihn in Zabrze das schicksalsschwere Telegramm aus Lausigk: "Vater soeben verschieden. Kommen."
So entschloss sich denn Georg die Praxis seiner Vaters Carl Oswald Ose zu übernehmen.
Auch schon damals war das nicht so einfach, das wichtigste und schwierigste war es die "Kassen" zu bekommen. Und deren gab es eine ganze Reihe, mit denen man als Arzt in Lausigk zu tun hatte. Da war die Orts- und Landkrankenkasse, eine für Grimma-Land, eine für Borna-Land, dann die verschiedenen Knappschaftskassen usw. In den Februartagen 1905 beginnt Georg nun zu praktizieren, und die Praxis neu aufzubauen. Ein Instrumentenschrank wird angeschafft. Beim Bandagisten werden Instrumente gekauft, z.T. auf Kredit. Wie schon erwähnt, werden die 11 Pferde mit denen sein Vater Carl Oswald Ose fuhr, verkauft. Ein neues Pferd wird angeschafft. Jedoch wird dieses nur angezahlt, um etwaige Fehler erst noch festzustellen. Das war auch gut so, denn es stellte sich schließlich eine Hufspalte heraus, sodass der Pferdehändler ein anderes Pferd zu liefern versprach.
Georg wollte nur einspännig fahren, während sein Vater in seinem Coupee zweispännig über Land fuhr, begnügte sich Georg mit einer kleinen Kutsche.
Im April 1905 wurde Georg, wie sein Vater Carl Oswald, Armenarzt von Lausigk. Im Mai 1905 wird er als Impfarzt auf der Amtshauptmannschaft-Borna verpflichtet.
Als einen seiner ersten Patienten behandelte er Herrn von Egloffstein auf dem Rittergut Beucha. Eine gute Empfehlung.

In der Wohnung, in der die Familie Ose weiterhin wohnte, nämlich Hauptstrasse 55, ändert sich kaum etwas. Das Sprechzimmer wird neu vorgerichtet, auch wird Gas gelegt. Ins Sprechzimmer kommt eine Gaslampe, in die Küche eine Kochstelle. Auch ein Telefonanschluss wird verlegt. "Bis jetzt ist das Telefon noch nicht viel benutzt worden, hoffentlich im Winter mehr!" schreibt seine Mutter Thekla Marie Ose im September 1895 ihren Bruder Hermann in Dresden.
Elektrische Beleuchtung kam erst kurz vor 1914. Es gab zunächst nur 3 Brennstellen, die pauschal - Zähler war nicht vorhanden - abgerechnet wurden. Eine Brennstelle kam ins Wartezimmer, eine in die Garage, einschließlich einer Steckdose und eine ins Sprechzimmer. Erst 1919 wurde die Anlage erweitert, insbesondere um eine Steckdose im Wohnzimmer und unseres Wissen kam auch in das Kinderschlafzimmer elektrische Beleuchtung. Im übrigen gab's in den Zimmern Gaslampen; wie im Wohnzimmer, im "guten" Zimmer und in der Küche. Das Schlafzimmer sowie das Fremdenzimmer und die Speisekammer, auch Mädchenzimmer und Badezimmer waren ohne Beleuchtung. Man musste sich mit Kerzen helfen.
Im Gegensatz dazu verwendete seine Mutter Thekla Marie oft und gern Petroleumlampen, die recht gemütlich waren, jedoch sorgfältiger Pflege bedürfen.
Erst vor dem Weltkrieg 1914/18 wurde die Wohnung etwas umgebaut, das Sprechzimmer wurde erweitert, Mädchenzimmer angebaut und Wartezimmer verlängert. Auch wurde der Hauseingang nach der Wettinstraße verlegt, sodass er nunmehr im Hause "Wettinerstr. 17" wohnte. Das Haus war übrigens nie im Familienbesitz.

Die ersten Jahre seiner Lausitzer Tätigkeit waren für Georg schwer. Der Abstand zu gering, die Kassen konnte er auch erst nach und nach bekommen. Er hat verschiedentlich ernsthaft daran gedacht, nach einer anderen Stadt zu ziehen. Oft sagte er "Ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterland!".
Jedoch war davon nach dem ersten Weltkrieg nicht mehr die Rede, da ging die Praxis sehr gut. Leider zahlten die Kassen schlecht bzw., was wegen der anlaufenden Inflation sehr ungünstig war, sehr spät, sodass der bezahlte Betrag dann oft nicht mehr sehr viel wert war. Als die Kassen einmal die Honorare nicht an dem entwerteten Geld anpassen wollten, streikten die Ärzte. Allerdings nicht in der Form, dass sie die Patienten nicht mehr behandelten, sondern diese nicht als Kassenpatienten anerkannten und ihnen Rechnungen schickten, als ob sie Privatpatienten wären. Unseres Wissen war der Erfolg dieses Streiks befriedigend.
In den ersten Jahren waren es übrigens in der Mittagssprechstunde so leer, dass Georg und seine Frau Hildegard Klavier spielen konnten. Vierhändig spielten sie gern zusammen. Georg spielte ganz gut, Hildegard sogar ausgezeichnet. Jedoch musste sie es später infolge Zeitmangels etwas vernachlässigen. Nach Georgs Tod hat sie überhaupt nicht mehr gespielt.
Georg besaß auch in jüngeren Jahren eine Ziehharmonika und spielte auch gern Mundharmonika. Besonders im Feld 1914/18. Singen konnte er wie fast alle Ose'schen Familienmitglieder schlecht. Auch durch seine Frau ist keine musikalische Begabung in die Familie gekommen.

In Brandis wohnte der Bruder seines Vaters, Julius Ose, der dort sich als praktischer Arzt niedergelassen hatte. Die Beziehungen zwischen Lausigk und Brandis waren immer sehr enge und herzliche, während sie zu dem Bruder Hugo in Dresden und dessen Familie vor allem nach dessen Tod nur lose waren und dann ganz aufhörten.
Die Brandiser und Lausicker Vettern und Cousinen verstanden sich ausgezeichnet. Elise und Helene, die Töchter von Onkel Julius, waren fröhlich und vergnügt, lebhafter als die Lausicker Martha und Mariechen. Mancher gemeinsamer Spass wurde da vom Stapel gelassen, wenn der Besuch aus Lausick da war.
Nun gingen Elise und Helene auf die Grimmaer Frömblingsche Töchterschule, die auch Hildegard Ose und deren Schwester Magarete besuchten. Es war sicherlich Hildegard schon gelegentlich als junges Mädchen in Brandis, obwohl sie an sich 3 Jahre jünger war wie Helene. Aber dafür waren Helene und Margarete Klassenkameradinnen.

Ob Hildergard Bernhardi schon damals Georg Ose kennen gelernt hatte, ist nicht bekannt. Aber scheinbar kannte Hildegard schon die ein oder andere Schwester von ihm, von denen die eine die "stumme Cousine" genannt wurde (Martha oder Mariechen?).
Als nun Helene Ose im April 1906 heiratete, waren sowohl der Vetter Georg Ose als auch die Schulfreundin Hildegard Bernhardi eingeladen. Da begannen sich die zarten Bande zu weben. Die schließlich zur Verlobung führten, die im Frühjahr 1907 veröffentlicht wurde. Die Mutter von Hildegard hat öfters mit besonderer Anerkennung darüber erzählt, wie Georg um die Hand von Hildegard anhielt und sie ihm sagte, außer der Aussteuer könne sie ihrer Tochter Hildegard keine Mitgift mitgeben. Er entgegnete, dies habe er nicht erwartet, es sei ja seine Aufgabe, seine Frau zu unterhalten und für alles für sie zu sorgen.

Ostern 1907 gab Hildegard, soweit bekannt ist, ihren Lehrerinnenberuf auf und widmete sich ganz ihrer Aussteuer. Sie war damals Lehrerin an einer Volkschule in Meerane.
Da sich kurz darauf auch ihre Schwester Margarete mit Hans Conradi, Professor an der Dreikönigsschule zu Dresden verlobte, war es sicher im Hause Grimma, Leipziger Str. recht unruhig geworden, zumal schon im Herbst die Hochzeit stattfinden sollte.
Am 1. Oktober 1907 fand die Doppelhochzeit Conradi/Ose statt. Die Trauung erfolgte in der Grimmaer Klosterkirche durch den Schwager von Hans Conradi, den Pastor Talazko aus Hohnstein/Sächsiche Schweiz der über das Bibelwort aus dem 121 Psalm: "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchem mir Hilfe kommt"...sprach und dem jungen Paar den Spruch mit auf dem Lebensweg gab: "Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit. So wird auch solches alles zufallen (Matth. 6.33)".

Im Saale des Ratskellers findet das Hochzeitsmahl statt. Es war eine zahlreiche Gesellschaft geladen, jedoch fast ausschließlich aus dem Kreise der drei Verwandtschaften Bernhardi, Ose und Conradi. Viele schöne Geschenke wurden überreicht. Jedes der beiden Paar erhielt z.B. einen schönen Silberkasten mit je 12 Bestecks, großen und kleinen mit allen Schikanen. Er war bis zuletzt im Besitz vom Sohn Hans Ose, welchen nach seinen Tod wiederum seine Tochter Christina (Kretschmar) erbte.
Auch erhielt jedes Paar ein wunderschönes Meissner Service auch für 12 Personen, dass der Sohn Karl Ose von Hildegard geschenkt bekam. Dieses Geschirr wurde jedoch später im Krieg aus dem Keller seiner Berliner Wohnung vollständig gestohlen.

In Lausigk wurde Hildegard besonders von ihrer Schwiegermutter Thekla Marie und den Geschwistern von Georg herzlich aufgenommen, wie überhaupt stets das Verhältnis zwischen Hildegard einerseits Thekla Marie und ihren Töchtern andererseits ein wunderbar harmonisches war. Vor der Hochzeit waren Thekla Maria und ihre Töchter aus der Ose'schen Wohnung ausgezogen, sodass nunmehr das junge Paar die Wohnung nach eigenem Wunsch einrichten konnte. Hildegard brachte an neuen Möbeln eine Wohn- eine Schlaf- und Gute Zimmereinrichtung mit, ferner eine Küche.
Die Wohnzimmereinrichtung sowie die des "Guten Zimmers" erhielt beim Tode von Hildegard, soweit noch vorhanden, im wesentlichen ihr Sohn Hans Ose. Die Schlafzimmereinrichtung hatte Hildegard schon wenige Jahre nach Georgs Tod verkauft und die Kücheneinrichtung hatte zu ihren Lebzeiten nicht zuletzt durch verschiedene Wasserrohreinbrüche und den Artillerieschaden am Grimmaer Haus infolge Nässe derart gelitten, dass sie praktisch nicht mehr verwendbar waren.
Von der Sprechzimmereinrichtung von Georg Ose erhielt sein Sohn Hans Ose sowie ein drehbares Bücherregal. Instrumente und Apparate von Georg waren bei dessen Tod an seinen Nachfolger Dr. Fränkel verkauft worden. Auch hatte Hildegard verschiedene Möbel beim Tode von Georg versteigern lassen, da sie nicht alles mit nach Grimma nehmen konnte.

Hildegard Ose war stets eine bescheidene Frau, aber von starken Charakter und reinem Gewissen. Wider ihres Gewissens tat sie nie etwas, ohne Rücksicht auf die etwaigen Folgen. So lag es ihr auch auf gesellschaftlichen Gebiet nicht, etwas zu tun oder anzuerkennen, was sie nicht für richtig hielt. So hat sie sich denn auch in Lausigk erst durchsetzen und Anerkennung finden müssen.
Vielleicht hätte man es in Lausigk auch lieber gesehen, wenn Georg eine Lausigkerin geheiratet hätte. Mit umso kritischeren Augen begegnete man Hildegard, die auf dem erzieherischen Gebiet erheblich aus dem Lausigker Rahmen fiel. Ihre modernen Erziehungsmethoden - Vorbild, und nicht nur Verbot - fanden gar nicht immer den Beifall der Lausigker massgebenden Familien. So auch auf gesellschaftlichen Gebiet. Es war damals in Lausigk üblich, bei den Kaffeekränzchen außer Kaffee und Kuchen auch noch Wein zu reichen und auch länger zusammenzubleiben, sodass ein kleiner Abendimbiss nicht zu umgehen war. Hildegard "verschwor" sich mit einer anderen jungen Frau, der Frau des Mühlenbesitzers Weiske, der Söhne zu den Jugendfreunden der Söhne von Georg zählten. Bei nächster Gelegenheit gegen 18.00 Uhr erhoben sich beide und verabschiedeten sich mit der Bemerkung, sie können leider nicht länger bleiben, ihre Männer gehen nach arbeitsreicher Arbeit nach Hause und sie wollten für ihr seelisches und leibliches Wohl sorgen. Insbesondere die alten Damen des Kränzchens werden wohl erst ein wenig missbilligend mit dem Kopf geschüttelt haben, ob dieser jugendlichen Offenheit. Aber da man in den massgebenden Lausigker Gesellschaftskreisen, insbesondere auch in der Familie Koch keineswegs einseitig war, fand das Beispiel der jungen Frauen Anerkennung und Nachahmung und die Kaffeekränzchen wurden auf ein normales Maß in qualitativer und quantitativer Hinsicht zurück geführt. Hildegard war in Lausigk gerade wegen ihres offenen und klaren Charakters von arm und reich sehr geachtet und wurde von allen wegen ihres freundlichen und hilfsbereiten Wesens sehr geschätzt.

Doch zurück zu Georg. Als er die Praxis seines Vaters übernommen hatte, fuhr er zunächst mit Pferd und Wagen über Land.
Erst 1911 schaffte er sich eine Cyklonette an, die er jedoch alt kaufte. Viel Freude hat er damit nicht erlebt, aber um so mehr Pannen. Gelegentlich musste sie sogar durch einen Dorfköder abgeschleppt werden. "Die alte Cyklonette! Wenn ich sie nur nicht mehr hätte!" hat dann Georg einmal gedichtet. Eine Cyklonette ist wohl am besten einem Dreiradlieferwagen vergleichbar. Über der Hinterachse befanden sich die einzigen 2 Sitze. Das Fahrzeug war offen, der Motor lag frei über dem Vorderrad. Ein eigentliches Steuerrad gab es nicht, sondern ein Steuerhebel, der starr mit der Vorderachse verbunden war. Früher existierte immer noch eine Aufnahme, die seine Söhne Fritz und Karl in der Cyklonette zeigten. Aber scheinbar ist sie verloren gegangen.
Es war besonders auch für das kleine Städtchen Lausigk, damals allerdings schon Bad Lausick, ein großes Ereignis, als Georg sich 1912 für etwas 8000 Goldmark einen neuen Hansa-Wagen anschaffte. Georg machte zunächst einen mehrwöchigen Fahr- und Informationskurs in Varel, wo die Hansa-Wagen hergestellt wurden. Unser "Hans", wie er auch liebevoll genannt wurde, wurde noch nicht am Fließband hergestellt, sondern war eine Einzelanfertigung, wie das damals üblich war. Er war wunderbar dunkelgrün lackiert, hatte grüne Ledersitze, selbst die Tür war mit gründen Leder ausgeschlagen. 2 Scheinwerfer für Karbid und 2 Standlichter für Petroleum besass er, die seine Kinder mit viel Aufwand an "Sidol" putzen. Alle 4 Leuchten hatten Segeltuchhüllen. Das hinter Nummernschild wurde mit einer Stearinkerze beleuchtet. 3 Gänge und ein Rückwärtsgang gab es. Schalthebel und Handbremse lagen rechts außen am Wagen. Gas wurde als Handgas gegeben. Ein Tropföler sorgte für die nötige Ölzufuhr. Die Zündung wurde durch einen Hebel am Steuerrad verstellt.
Da die Kinder gern, aber verbotenerweise, an dem "Hansa" herumspielten und ihn in jeder Richtung untersuchten, und natürlich die Hähne und Hebel nie wieder richtig stellen konnten, waren Zündung und Ölung 100% verstellt, was häufig zum nachträgliche Ärgernis führte. Am Steuerrad befand sich noch einen Handhupe. Außerdem besass der Hans noch eine so genannte Auspuffpfeife, die sehr laut und schrill war. In Erinnerung seiner Söhnes Karl und Fritz ist noch eine Pfingstfahrt - es mag 1913 oder 1914 - nach Grimma. Karl und sein Bruder Fritz hatten mit viel Liebe alle Messingteile wie Lampen, Klinken, Steuerrad usw. geputzt und zusammen mit Mutter Hildegard den Hans mit vielen Pfingstrosen aus dem Garten geschmückt. Karl saß - der Hansa war ein Zweisitzer - mit seinem Bruder Fritz auf einer Fussbank zu Füssen der Eltern im Wagen. Es war eine der wenigen nichtberuflichen Fahrten von Georg. Einmal fuhr er mit seinem besten und wohl einzigen Freund Herbert Koch, der auch von Georg und Hildegards Kinder sehr geliebt wurde, zum Kaisermanöver nach Oschatz. Später besuchte er 1914 in Dürrenberg seine 3 Kinder und seine Frau Hildegard, welche sich dort zu Erholung aufhielten. Im übrigen diente der Hansa aber fast ausschließlich beruflichen Zwecken, obwohl Georg gerne Auto fuhr.
Gepflegt wurde der Hansa durch den Kutscher Weber. Kutscher ist eigentlich nicht die richtige Bezeichnung, denn er war ein Faktotum, wie man es sich nicht besser denken kann. Er war handwerklich sehr geschickt, besonders was Tischlerarbeiten betraf, versorgte Pferd und Auto gleichermaßen gut. Gelegentlich war er mal kurz angebunden und aufgeregt, konnte auch schimpfen. So gab es an dem Tag, an der Georg - es war 1919 und er hatte wieder ein Pferd - seinen Sohn Karl zu Aufnahmeprüfung nach Grimma fahren wollte, um eine Kleinigkeit des Geschirr des Pferdes einen Mordskrach zwischen ihm und Georg, der auch gelegentlich ärgerlich und kurz angebunden war. Der gute Herr Weber erklärte Georg er soll seinen Kram alleine machen, nahm seine Sachen unter seinen Arm und ging nach Hause. Wären damals nicht so politisch angespannte Verhältnisse gewesen, wäre auch dieser Auftritt nicht so folgenschwer verlaufen. Es sei jedoch betont dass sich die Beziehungen zur Familie Weber später wieder besserten, und Georgs Söhne ihn bei jeden Aufenthalt in Lausick stets besuchten. Seine Frau war lange Jahre Aufwartung von Thekla Marie und versorgte später mit rührender Sorgfalt die Gräber der Familie in Lausick.

Die Zeit bis zum ersten Weltkrieg 1914/18 sah 3 Ose'sche Kinder das Licht der Welt erblicken in der väterlichen Wohnung. Zuerst 1908 Karl Ose, 1909 Fritz Ose und schließlich im August 1912 Hans Ose. Fritz und Karl waren unzertrennlich, obwohl sie sich auch gewaltig zankten und verhauten und als "Dokors Jungen" fast jedermann in Lausick gut bekannt und von allen sehr verwöhnt, weil sie scheinbar ein paar niedliche Bürschen waren. Oft musste Hildegard die verwöhnten kleine Kerle wieder zur Raison bringen.
Da Georg - zu seinen Leidwesen - nicht gedient hatte, wurde er zunächst bei Kriegsausbruch 1914 nicht eingezogen. Bemustert wurde aber sofort sein "Hansa", aber als zu leicht befunden, sodass er 1919 wieder in Gang gesetzt werden konnte (s.u.). Jedoch entschloss sich Georg sowohl aus ideellen als aus auch praktischen Gründen, sich freiwillig als Arzt zu melden. Er schrieb daher am Tage der Mobilmachung, am 2. August 1914, an das königliche Bezirksamt wie folgt: "Ergebenst Unterzeichneter gestattet sich, dem königlichen Bezirkskommando mitzuteilen, dass er bereit ist, dem Vaterland seinen Dienst als Arzt zu widmen und bitte über ihn zu verfügen."
Jedoch erst am 25. September 1914 übersendet ihm die Medizinabteilung des Sächsischen Kriegsministerium einen vollzogenen Vertrag und schreibt handschriftlich dazu: "Euer Hochwohlgeboren wird beifolgend ein vollzogener Vertrag übersendet, der gleichzeitig als Ausweis dient. Das zweite am 22. ds. vollzogene Vertragsexemplar verbleibt im Kriegsministerium.- Euer Hochwohlgeboren sind bestimmt, für die Kriegslazarett-Abteilung III. Armeekorps und werden gebeten, sich am Dienstag, den 29. ds. dem in Leipzig-Wahren früh gegen 3/4 1 Uhr nach West durchfahrenden Bahntransport anzuschließen, der Liebengaben vermittelt und bei dem sich von Dresden aus einige für die gleiche Stelle verpflichtete Ärzte befinden.- Um Mitteilung, dass die Abfahrt von Wahren wie vorstehend erbeten erfolgt, wird ersucht."
So war denn Georg als landsturmpflichtiger Arzt in Dienst des Heeres eingetreten. Eine Uniform trug der zunächst noch nicht, sondern nur eine Militärmütze und eine Rote-Kreuz-Armbinde. Seine erste Tätigkeit übte er im Lazarett zu Sissons bei Laon in Frankreich aus. Georg verlebte dort eine angenehme und relativ sorglose Zeit. Weihnachten 1914 schrieb er heim, er hoffe, 1915 werde der Krieg zu Ende sein. Vom Westen kam Georg dann mit dem III. Armeekorps (es war ein sächsisches) nach dem Osten nach Galizien, auch nach Lemberg. Eine Zeitlang war er auch im Festungslazarett zu Warschau beschäftigt. Die Tätigkeit im Osten war mit viel Mühe und Arbeit verbunden. Die Ausstattung der Lazarette ließ sehr zu wünschen übrig. Auch erkrankte Georg an der Ruhr. Da die Gegend im Osten, in der Georg stationiert war, auch sehr fruchtbar war, schickte Georg gelegentlich eine Kiste mit 100 und mehr Eiern, die je nachdem wie er sie verpackt hatte, mehr oder weniger gut ankamen. Auch brachte Georg bei seinem Urlaub gelegentlich eine ganze Kalbskeule in seinem Koffer mit, ferner eine Ente oder Gans. Das natürliche ein "Hallo" für die Familie. Hildegard und Georg schrieben sich regelmässig und sehr oft.
Jeden 2.Tag ging Post von Lausick ab und auch von Georg.
Auch seine Söhne bekamen gelegentlich Post, oft humorvoll geschrieben, oft auch ermahnend, höflich und fleissig zu sein, und aufzupassen, dass die Mutter Hildegard nicht zu wenig esse.

Im letzten Kriegsjahr war Georg dann noch in der Festung Diedenhofen bei Metz tätig. Seinen letzten Urlaub bekam er beim Tode seines Sohnes Wilhelm, welcher am 20. August 1918 im Alter von nur 3 1/2 Jahren plötzlich verstarb, am gleichen Tag, an dem 29 Jahre später seine Mutter Hildergard starb.
Auch aus dem Westen schickte Georg gelegentlich Essenswaren, insbesondere französische Kekse, scheinbar Truppenverpflegung der Franzosen. Da seine Familie die Kekse in einem Beutel mit der Aufschrift "Bürste" erhielt, wurden sie nur noch "Bürste" genannt.
Georg hatte, besonders im Osten mit seinen erschwerten hygienischen Verhältnissen, die verwundeten und kranken Soldaten mit großer Leidenschaft behandelt. Dafür wurde er mit dem eisernen Kreuz II. Klasse und mit dem Albrechtsorden II. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Seine Kinder waren sehr enttäuscht, dass Georg nichts davon wissen wollte, dies wie sonst üblich in der Lausicker Zeitung unter "Örtliches" bekannt zu machen. Dazu war er viel zu bescheiden. Die Not und das Elend der Verwundeten hat ihn innerlich sehr ergriffen und er daher nie etwas von seiner ärztlichen Tätigkeit im Felde erzählt. Genau wie im 2. Weltkrieg ein Großteil der Bevölkerung noch im letzten Kriegsjahr auf Grund der Darstellung in der Presse der Ansicht war, der Krieg sei noch zu gewinnen, war es 1914/18. Auch der große Erfolg der feindlichen Angriffe an der Westfront im August 1918 öffnete noch nicht allen die Augen. Georg hat die Katastrophe schon viel früher kommen sehen, nicht zuletzt auch infolge der engeren Verbindung mit den verwundeten Frontsoldaten. Er machte darüber auch allen kein Hehl daraus. Nach dem Waffenstillstand im November 1918 waren alles sehr besorgt um das Schicksal des Vaters und beteten auch Abends um seine glückliche Heimkehr. Diese Sorge war weniger begründet, durch die Befürchtung, er möchte auf dem Rückmarsch nicht mehr rechtzeitig den Rhein überschreiten, als vielmehr dadurch, dass die aufgewiegelten, zum Teil disziplinlosen, der straffen Ordnung des Heeres entratenen Soldaten die Offiziere angriffen, ihnen Achselstücke und Orden abrissen usw. Wie man Georg kannte, hätte er sich gegen einen solchen Angriff auf seine Ehre bis zum letzten zu Wehr gesetzt, was sicherlich zu einem bitteren Ende geführt hätte. Den im Laufe des Krieges war er als Stabsarzt im Hauptmannsanzug eingekleidet wurden und hatte hatte violett unterlegte Achselstücke bekommen. Auch hatte er eine Waffe zu tragen. Da ihm der lange Säbel zu lästig war - Hildegard musste diesen 1945 beim Einmarsch der Amerikaner in Grimma abliefern - trug er meist einen kurzen Dolch am Koppel. Er wurde auch besoldet. Nach Wissen seines Sohnes Karl bekam er zuletzt monatlich 600 Mark, wovon seine Familie leben musste und auch gut konnten, trotz der Entwertung der Mark am Kriegsende, die aber noch nicht sehr stark war.
Als Georg nach dem Zusammenbruch 1918 bald glücklich wieder nach Hause gekommen war, nahm er sofort seine Praxis wieder auf, die bald ausgezeichnet florierte, zumal auch der Winter 18/19 ein ausgesprochener Grippewinter war. Da an Autofahren nicht zu denken war - es fehlte an Reifen und an Treibstoff - wurde zunächst ein ehemaliges Militärpferd, ein Rappe, angeschafft für 800 Mark und bald darauf ein Fuchs, ein besonders braves, schnelles und unermüdliches Pferd. Früh wurde das eine Pferd angespannt - eine Kutsche wurde zunächst geborgt, später war es eine eigene - nachmittags das andere.
Georg verlangte viel von den Pferden, sie mussten ein gutes Tempo vorlegen, täglich oft bis 50 km und mehr bei Wind und Wetter über zum Teil schlechte Strassen laufen. Nur gelegentlich Sonntags war Ruhetag für die Pferde. Aber manchmal aber auch da nicht, besonders seit 1919, wenn Georg seine Söhne und andere Lausicker Jungs Sonntagabend nach Grimma fuhr.
Die Beschaffung des Futters in den ersten Jahren nach dem Weltkrieg war nicht einfach. Die normale offizielle Zuteilung von 50Kg/ Monat reichte natürlich nicht aus, sodass ein Hafersack stets auf Tour mitgenommen werden musste, um bei einem bäuerlichen Patienten gefüllt zu werden. Auch eine Butter- und Eierdose befand sich in dem Kasten hinter dem Sitz. Es war schon etwas besonderes als Georg seiner Frau Hildegard zu deren 35. Geburtstag im Jahre 1921 35 Eier schenken konnte. Es war damals keine leichte Zeit im Bezug auf die Ernährung. Auch Pferdefleisch wurde damals in der Familie gegessen. Da im Winter die Kutsche zu anstrengend für die Pferde war, wenn Schnee lag, hatte Georg auch einen ganz leichten und einfachen Schlitten angeschafft. Mit Glöckchenklang ging es dann über Land. Ein Genuss für die Befahrenen aber auch für die Pferde, denn der Schlitten war herrlich leicht. Um Futter, insbesondere auch Klee im Sommer von einem gepachteten Feldstück zu holen, war dann auch ein kleiner Lastwagen angeschafft wurden. Der Pferdebetrieb verursachte viele Unkosten, und viel kostbare Zeit gingen mit den Fahrten über Land verloren. Zwar hatte Georg für seinen Hansa 2 amerikanische Reifen für die Vorderräder bekommen - Sonderzuteilung für Ärzte - und für die Hinterräder wunderbar abgefederte Eisenreifen mit Spiralfedern. Aber Treibstoff war kaum zu bekommen und auch zu teuer. Außerdem machten die Eisenreifen einen höllischen Lärm. So entschloss sich denn Georg, den Hansa an einen Lausicker zu verkaufen. Er war ja noch ziemlich neuwertig, erst 2 Jahre gefahren. Noch 1924 hat ihn sein Sohn Karl in Grimma gesehen, für damalige Zeit schon recht unmodern, aber im übrigen noch prima in Ordnung. Aber die vielen Unkosten und auch der viele Ärger mit dem Pferdebetrieb veranlassten Georg sich etwa 1921 wieder auf Motorbetrieb umzustellen. Zunächst wurde der Rappe verkauft und ein Leichtmotorrad angeschafft, Marke "Flottweg". Ein Erzeugnis der Ottowerke in Münschen. Es war ein verstärktes Fahrrad mit Vorderradantrieb und lief schätzungsweise 30 bis 35 kmh. Da aber das "Flottweg" nicht 100%ig betriebssicher war, kaufte sich Georg noch ein gleiches Leichtmotorrad in der Absicht, später den Pferdebetrieb ganz aufzugeben und vielleicht auch mal wieder ein Auto zu erwerben.
Sein Sohn Karl Ose beschreibt im folgenden vor allem die Zeit 1918/19, weniger die Zeit vor 1914, weil sie ihm in besserer Erinnerung ist.
Früh gegen halb 8 Uhr begann die Sprechstunde, vorher trank Georg Kaffee und las die Zeitung. Vor dem Weltkrieg war es die "Tägliche Rundschau", nach dem Weltkrieg wohl das "Chemnitzer Tageblatt". Die Sprechstunde war zwischen 9 und 10 Uhr zu Ende. Dann hieß es - man rief es vom Küchenfenster in den Hof -: "Kutscher anspannen!". Nun ging's über Land. Vormittags fuhr meist der Kutscher mit, allein fuhr Georg normalerweise nie, nachmittags meist eines von seinen Kindern, im Winter 18/19 vorwiegend sein Sohn Karl. Dann bleib der Kutscher zu Hause. Gegen 1 Uhr kam Georg von seiner Über-Land-Tour zurück. Die Familie hörte schon das bekannte Rollen der Kutsche in der Stadthaus-Strasse und das Abnehmen der Geschwindigkeit in die Wettinstraße. Schnell wurde das Mittagessen verzehrt, wenn es nicht schon gar zu spät war. Eines von seinen Kindern sprach das Tischgebet vor und nach der Mahlzeit. Das Essen war einfach. Suppe gab es gelegentlich Sonntags, auch Nachtisch nur dann und wann. Fleisch wurde wenig gegessen. Jeglichen Kritik am Essen wurde verpönt, es musste alles gegessen werden. Vor 15 Uhr war die Mittagssprechstunde zu Ende und es wurde schnell Kaffee getrunken und wieder rollte Georg über's Land, wobei dann gleich die Stadtbesuche mit erledigt wurden. Nach dem Abendbrot, was dann wieder im Familienkreise eingenommen wurde - Georg saß an der einen Breitseite des Tisches, Hildegard an der anderen, neben ihr Hans, an den Schmalseiten Fritz und Karl - zog Georg sich in sein Sprechzimmer zurück, um seine schriftlichen Arbeiten zu erledigen oder sich fortzubilden. Wenn die Kinder dann im Nachthemd nochmals zu ihm durften, um ihn Gute-Nacht zu sagen, wollten die Fragen der Kinder kein Ende nehmen, und oft musste Georg seine Kinder mit sanfter Strenge heraus expedieren.
Sein Frau Hildegard half Georg insbesondere beim Ausschreiben der Abrechnungen für die Krankenkasse, die recht kompliziert waren. Aber auch in der Praxis selbst musste sie mir einspringen, wenn kleiner Operationen oder schwierigere Verbände usw. zu machen waren. Es gab ja damals auch noch keine Möglichkeit, jeden schwereren Fall sofort dem Krankenhaus zuzuführen, zumal es in Lausick nur ein ganz jammerbares Krankenhaus gab, das auch nur von einem praktischen Arzt nebenamtlich betreut wurde. Ein Spezialist war natürlich in dem kleinen kaum 3500 Einwohner zählenden Lausick auch nicht vorhanden, sodass die beiden dort praktischen Ärzte, Georg und sein Kollege Dr. Schützhold, eine vielseitige Tätigkeit entfalten konnten.
Es gab damals auch keinen hauptamtlich gestellten Badearzt. Georg und Dr. Schützhold übten diese Tätigkeit aus. Jeder hatte ein Warte - und Sprechzimmer im Badehaus und hatten dadurch eine angemessene Nebeneinnahme. Als vor 1914 der letzte sächsische König Friedrich August III. anlässlich seines Regierungsantritts sein ganzes Land bereiste, musste ihm Georg Bedeutung und Heilkraft des Lausicker Hermannsbades ( so genannt nach dem Schöpfer des Bades, dem Lausicker Amtsgerichtsrat Hermann, der in der ersten Hälfte des 19. Jh. lebte) erklären. Die besondere Bedeutung von Lausick liegt in seiner stahlhaltigen Quelle, die der von Bad Elster keineswegs nachsteht. Auch Moorbäder wurden in Lausick viel genommen.
Trotz dieser starken ärztlichen Tätigkeit - er war auch noch Gerichtsarzt, welche Georg auch innerlich sehr in Anspruch nahm - fand er noch Zeit sich Abends und an Sonntagen, in Leipzig, fortzubilden. Modern sollte auch sein Instrumentarium sein. Ein Thermos-Apparat und eine Höhensonne gehörten schon damals zur Ausstattung des Sprechzimmers.
Im öffentlichen Leben seiner Vaterstadt trat Georg als Stadtverordneter hervor. Nachdem er am 2.12.1908 das Bürgerrecht erworben hatte, kam er wenige Jahre darauf in das Stadtverordnetenkollegium, vermutlich als Anghöriger der Nationallieberalen, vor dem 1. Weltkrieg. Nach 1918 trat Georg der demokratischen Partei bei - in unserer Familie liegt nichts ausgesprochen Konservatives, sondern mehr Sozial-Forschrittliches - und er wurde als solcher auch wieder auf der bürgerlichen Liste gewählt. Genau auch schon wie sein Vater Carl Oswald gehörte er dem Armenausschuss an.
Mit den maßgebenden Leuten des Stadt bestanden zwar gute, aber keine engen Beziehungen. Die starke berufliche Inanspruchnahme ließ keine Zeit für ausgedehnte Geselligkeit. Auch waren er und Hildegard sehr sparsam, um für solche Zwecke viel Geld auszugeben. Lediglich einen Sonnabendstammtisch im Gasthof "Zur Burg", dem Lausicker Bürger aus Handwerker- Beamtenkreisen angehörten, besuchte Georg regelmässig. Und dann hatte sich nach dem Weltkrieg ein kleiner Kreis interessierter, gebildeter Menschen zusammen gefunden, der regelmässig in der Konditorei Theilemann zusammen kam, und in dem es auch gelegentlich recht fröhlich zuging.
Der doch sonst so ernsthafte Georg macht das gerne mit und mancher würde ihn gar nicht wieder erkannt haben, wenn er z.B., wie Hildegard einmal erzählte, mit einem Tischtuch um die Schultern auf dem Tisch stehend einen Pfarrer mimte und eine launige Ansprache hielt. Georg hatte es immer sehr bedauert, dass seine Frau Hildegard an diesen Abenden nicht teilnahm. Aber sie tat es wohl nicht mit Rücksicht auf den Tod ihrer Brüder, welche im Weltkrieg kurz hintereinander gefallen waren.

Wie angedeutet war Georg ein ernster Mensch, im Grunde aber voller Humor auch seine Kinder gern neckend mit ihnen Spass machend. Er verlangte unbedingten Gehorsam von seinen Kindern, Widerrede konnte er nicht vertragen. Die Charakterbildung von seinen Kindern lag ihm ebenso am Herzen wie bei Hildegard. Anständige Manieren waren eine Selbstverständlichkeit. Auf reine Äusserlichkeiten ohne inneren Wert legte er gar kein Gewicht. Zu anderen Menschen wahrte er stets Anstand und sein Sohn Karl kann sich noch daran erinnern, wie er ihm einmal sagte, man sollte sich möglichst mit wenig Menschen duzen. Gegen sich selbst war er hart und anderen stets ein Vorbild. Er war gütig, doch bestimmt in seinem Auftreten, ohne sich irgendwie in den Vordergrund zu schieben, dazu war viel zu bescheiden.
Es war eher ruhig als gesprächig, er liebte mehr die Zurückgezogenheit als die Öffentlichkeit. Er war ein ernster Christ, obwohl er darüber nie ein Wort verlor. Oft ging er in die Kirche, angetan mit Gehrock und Zylinder. Es war damals in Wurzen konfirmiert worden. Sein Konfirmationsspruch aus der Offenbarung Johannes lautete: "Halte was Du hast, dass niemand Deine Krone nehme". Es wurde dann auch der Konfirmationsspruch seines Sohnes Karl.

In der Erziehung legte er Wert, genau wie Hildegard, auf das Vorbild der Eltern. Besonders gelegen war ihm an der Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit seiner Kinder. Durch kleine Erzählungen und Geschichten suchte er zu zeigen, wie wenig Erfolg man mit einen Trotzkopf oder Dickkopf hat, oder wie alles trotz alles Lügen doch ans Tageslicht kommt. "Dem kleinen Veilchen gleich, dass im verborgenen blüht..." sollten die Kinder es nachtun. Schläge gab es selten, nur in besonders schweren Fällen, besonders aber wenn üble Eigenschaften sich zeigten, wie Lüge, Unehrlichkeit usw. Backpfeifen lehnte er grundsätzlich aus medizinischen Gründen ab. Ehrenrührige Strafen bevorzugte er lieber wie z.B. Nichteilnahme am Jahrmarkt oder an Festen wie z.B. auf dem Lausicker Hermannsbad. Entzug von Geschenken. Als sein Sohn Karl z.B. 1912 oder 1913 vor Weihnachten die Weihnachtsstube verbotenerweise inspiziert hatte, die erhebliche Anzahl von Bleisoldatenkästen gesehen hatte, geschah zunächst gar nichts. Als Karl jedoch die Weihnachtsstube zur Bescherung betrag, war sein Platz leer und am Ofen hing eine Rute. Von den Bleisoldaten hatte er nie wieder etwas gesehen. Damit war der Fall erledigt.

Georg liebte die Natur ging gern mit seinen Kindern durch Wald und Feld. Sein großer Wunsch war es, mit seinen Kindern in den Ferien einmal wandern zu gehen. Er selbst war leider nicht zuviel herumgekommen. Soweit bekannt ist, hatte er als Student einmal eine Wanderung im böhmisch-bayerischen Wald gemacht und war auch u.a. in Kuschwarda gewesen, wo sich der berühmte Kubany-Urwald befindet. Als Fürstenschüler übernachtete sein Sohn Karl viele Jahre später in der selben Studentenherberge, in der einst Georg genächtigt hatte. Eine Hochzeitsreise haben Hildegard und Georg nie gemacht. Erst nach dem Weltkrieg sind sie zweimal vereist gewesen. Einmal in Berneck und einmal in Fichtelberg.

Bei aller Bescheidenheit war Georg stets standesbewusst. Er fuhr stets 2. Klasse. Als er einmal - es war auf einer der beiden Reisen mit Hildegard - auf einer Kleinbahnstation eine Fahrkarte 2. Klasse verlangte, diese aber nicht ausgestellt werden konnte, musste er sich mit der 4. Klasse, die es damals noch gab, zufrieden geben.
Gern rauchte er eine gute Zigarre und nach dem Weltkrieg auch ein Pfeifchen.
Seine Kleidung war nicht auffällig, gern trug er einen grünen oder grauen Hut, der Spazierstock durfte nicht fehlen.
Er war mittelgroß, schmal, später etwas breiter. Sein Sohn Fritz sah ihm außerordentlich ähnlich.
Im Winter, wenn er über Land fuhr, trug er eine Pelzmütze und einen Pelzmantel, der wohl noch von seinem Vater Carl Oswald stammte. Im Sommer einen leichten Staubmantel und eine leichte, fast weiße Schirmmütze. Georg legte auch wie bei sich selbst auch bei seinen Kindern Wert auf eine gute Körperhaltung, sowie auch auf Abhärtung. Er war, abgesehen von der Ruhr im Weltkrieg und den Kinderkrankheiten, nie krank. Allerdings hatte er mit seinen Leichtmotorrad 2 Unfälle gehabt, außer dem tödlichen, von dem der eine relativ harmlos war, der andere aber mit einer Gehirnerschütterung verbunden war.
Das Verhältnis Georg's zu seiner Frau Hildegard sowie zu seinen Geschwistern zeichnete sich durch große innere Wärme und Herzlichkeit aus. In Zeiten der Not hat er seine Mutter und seinen Bruder Alfred selbstlos unterstützt. Er war stets offen, klar und ohne Umschweife in seinen Worten und Taten. Ein Arzt im besten Sinne des Wortes und ein Familienoberhaupt, wie man es sich nicht besser wünschen kann. Die Sorge um die Seinen und um seine Patienten nahm ihn ganz in Anspruch. Seine Heimt liebte er sehr, ohne davon viel Aufhebens zu machen.
Dass sein Kinder in der Schule gute Leistungen zeigten, daran lag ihm sehr viel. Als seine Söhne Karl und Fritz in den Jahren nach dem Weltkrieg im Latein arg nachließen, hat er energisch mit ihnen gepaukt. Georg verlangte anständige Zensuren, ohne zu verlangen ein Musterschüler zu sein.
Georg und Hildegard führten eine wirklich glückliche Ehe, ohne dass davon viele Worte gemacht wurde. Es war ein wundervolles lautloses Zusammenarbeiten und Zusammenhandeln in Erziehung und in allen anderen Fragen. Nie wurde in Gegenwart der Kinder Probleme erörtert, die für ihre Ohren nicht bestimmt waren.
Georg und Hildegard waren aufgeklärte Menschen, die innerlich ganz zueinander gehörten. Nach außen trat dieses Glück nicht in Erscheinung, aber wer in die Familie kam, der fühlte die Harmonie und den Frieden, der stets herrschte und gerade die Liebe von Georg war es, die Hildegard später die Kraft gab, das Schicksal zu meistern.

Umso härter war für alle sein plötzlicher Tod. Am 22. Juli 1922, einem schönen Sommertag, fuhr Georg Nachmittags mit seinen Leichtmotorrad nach dem Dorf Lauterbach, um Patienten zu besuchen. Vor ihm fuhr ein hochbeladener Erntewagen des Lauterbacher Rittergutes, den Georg überholen wollte. Er konnte aber einen entgegenkommenden Brauerreiwagen nicht sehen, dieser ihn wohl auch nicht, sodass er so dicht an den Erntewagen heranfahren musste, dass er mit dem Motorrad am Ortscheit desselben hängen bleib und stürzte, und der Erntewagen über seinen Unterleib hinweg fuhr. Das Unglück war geschehen und Georg hatte sich selbst die Schuld gegeben und gebeten keine Anzeige gegen den Sohn des Rittergutspächters aus Lauterbach, der den Erntewagen fuhr, zu stellen.
Man brachte Georg nach Hause, ein Krankenauto war in den nächsten Städten nicht zu bekommen, sodass er mit dem nächsten Zuge nach Leipzig gebracht werden musste. Sowohl er als auch Hildegard ahnten wohl, dass an Rettung nicht zu denken war. Seine Söhne Karl und Fritz waren damals gerade in Dresden bei Besuch von Tante Adele, so konnte er wenigstens von seinem damaligen 10-jährigen Sohn Hans Abschied nehmen.
Im Leipziger Krankenhaus St. Jakob nahm eine Leipziger Kapazität die Operation vor, auch eine Bluttransfusion wurde durchgeführt. Da Georg einen kleinen Herzfehler hatte, konnte leider die Narkose nicht 100% durchgeführt werden.
Bis zu seinen in den Morgenstunden des 23. Juli - die Operation war Abends durch geführt worden - erfolgten Tod, war Hildegard bei Georg. Seine Gedanken galten der Sorge um seine Familie. Damals besonders akut wegen dem Verfall der Vermögenswerte infolge der beginnenden Inflation. Sein Frau Hildegard bat ihn, sich deshalb keine Sorgen mehr zu machen. Sie versprach ihm, die Kinder vor Not zu bewahren und aus ihnen tüchtige Menschen zu machen. Dieses Versprechen, gegeben angesichts des Todes, hatte Hildegard in wahrhaft selbst aufopfernder Weise unter Aufbietung auch ihrer letzten Kräfte und unter völliger Zurückstellung ihres eigenen Ichs selten vorbildlich eingelöst. Wofür ihre Kinder ihr stets den größten Dank über das Grab hinaus schulden werden. Georg und Hildegard beteten noch gemeinsam ein Vaterunser, dann verschied Georg.
In Lausick wurde er aufgebahrt, nur die wenigen verwachsenen Angehörigen haben ihn noch einmal gesehen, nicht zuletzt die völlig gebrochene eigene Mutter Thekla Marie.
Am Abend vor der Beerdigung betete die ganze Familie ein Vaterunser an seiner Bahre. Kurz vor der Beerdigung die Nachmittags stattfand, wurde der Sarg geschlossen. Eine unendliche Fülle schöner Blumen und Kränze bewiesen die Anteilnahme weiterer Bevölkerungskreise an dem tragischen Schicksal von Georg.
Auf dem Lausicker Friedhof, in unmittelbarer Nähe des Grabes seines Vaters Carl Oswald, wurde Georg beigesetzt.
Nichts charakterisiert vielleicht Georg Ose als Mensch und Arzt besser als folgendes kleines Erlebnis, dass sein Sohn Hans im April 1948, also mehr als ein Vierteljahrhundert nach Georgs Tod, in seiner chirurgischen Praxis in Leipzig hatte. Die Nachbarin einer Patientin von Hans Ose; die den Namen Dr. Ose hörte, erzählte: "Es gab auch einen Dr. Ose früher in Bad Lausick, der meinen Mann behandelt hat. Der war wie ein Vater zu seinen Patienten. Als seine Beerdigung war, war ganz Lausick ausgestorben, alles war auf dem Friedhof, alles wollte dabei sein, so beliebt war er."
Als Hans dass seinen Bruder Karl schrieb, fügte er mit Recht auch im Hinblick auf seine Mutter Hildegard hinzu: "Es ist schwer für uns, es solchen Eltern gleichzutun!"

Aus alten Quellen von Karl Ose, Sohn von Georg Ose.
Gronau, Oktober 1948

Neu geschrieben von Stefan Ose 2016.
Unter Beibehaltung des Originals, aber Vereinfachung der Schreibweise, wie neue Satzgebung bei langen Formulierungen, Querverweisen etc.
Die Bezeichnungen von Karl Ose wie "mein Vater, Urgroßvater, Mutter, Urgroßmutter, Kinder" usw. wurden durch die richtigen Namen ersetzt.

Vorstehende Aufzeichnungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ergänzendes oder Fehlendes bitte über die o.a. Kontaktmail mitzuteilen.